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US-ungarische Spannungen

4. Feb. 2014

Ein linksorientierter Kommentator geht davon aus, dass die ungarische Regierung die USA kritisiert, um im Vorfeld der Wahlen ihr anti-westliches Image zu stärken. Rechtsorientierte Kolumnisten sind mit Äußerungen von US-Senator McCain über Ungarn unzufrieden.

In der vergangenen Woche hatte János Lázár, Staatssekretär für das Amt des Ministerpräsidenten, geäußert, dass das Sammeln von Daten über ungarische Politiker seitens der NSA die US-ungarischen Beziehungen beeinflussen könnte. Er fügte hinzu, der mit der Untersuchung der NSA-Spionage gegen Ungarn befasste parlamentarische Ausschuss könnte möglicherweise Colleen Bell, die künftige US-Botschafterin in Budapest, anhören wollen. Lázár hatte sich am Vorabend einer Budapest-Visite von US-Senator McCain geäußert. Nach einem Treffen mit Ministerpräsident Viktor Orbán sowie führenden Politikern der linken Opposition äußerte der US-amerikanische Gast, sein Land werde künftig nur noch Daten sammeln, falls die Sicherheit der Vereinigten Staaten oder seiner Verbündeten gefährdet sei. In einer Randbemerkung fügte McCain hinzu, dass die USA besorgt seien hinsichtlich der demokratischen Institutionen sowie der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn. Zudem befürwortete er eine Einlandung von internationalen Beobachtern zu den Parlamentswahlen im April. In Hinblick auf das geplante Weltkriegsdenkmal (vgl. BudaPost vom 31. Januar) sagte McCain, dass die ungarischen Juden jedes Recht hätten, sich durch das Monument beleidigt zu fühlen, falls das Mahnmal „deutsches Verhalten“ sowie die Handlungsweise von mit Nazi-Deutschland kollaborierenden Personen zu rechtfertigen scheine.

In Népszava hält Tamás Mészáros die Anregung von János Lázár, Colleen Bell vor einen Parlamentsausschuss zu laden, für einen bloßen Trick. Da auszuschließen sei, dass die USA irgendwelche Einzelheiten des NSA-Datensammelprojekts preisgeben würden oder dass die Botschafterin gar einverstanden wäre, vor dem Ausschuss zu erscheinen, könne die Äußerung Lázárs lediglich als verbitterte Reaktion auf frühere Bemerkungen Bells zum Thema Ungarn verstanden werden (vgl. BudaPost vom 20. Januar). Mészáros bezeichnet die Worte des Staatssekretärs als einen Akt dürftiger symbolischer Rache und glaubt, dass sie die ungarischen Wähler „an den Kampf der Regierung gegen den Westen“ erinnern sollten.

Die USA seien Ungarns Verbündeter und Freund, schreibt Gyula T. Máté in Magyar Hírlap. Der regierungsfreundliche Kolumnist macht darauf aufmerksam, dass Ungarn als NATO-Mitgliedsland bei verschiedenen Einsätzen mit den USA zusammengearbeitet hätte. Man erkenne an, dass die USA im Rahmen der globalen Geopolitik eine Schlüsselrolle spielen sollten. Gleichwohl vertrete Ungarn eine andere Meinung als die US-Republikaner hinsichtlich der Frage, in welchem Umfang Demokratie auf andere Kontinente exportiert werden könne. Auf die Äußerungen von Colleen Bell und Senator McCain über den Zustand der Demokratie in Ungarn eingehend empfindet es Máté ungewöhnlich, dass die USA ihre Missbilligung gegenüber der aktuellen Regierung nur wenige Wochen vor den Wahlen zum Ausdruck brächten. Der Autor fragt, ob die Vereinigten Staaten wohl weniger kritisch wären, falls eine künftige Linksregierung eher eine US-Firma als eine russische mit dem Bau von zwei Reaktorblöcken im AKW Paks (vgl. BudaPost vom 16. Januar) beauftragen würde. Zum Abschluss äußert Máté den Wunsch, dass Ungarn nicht wie ein Marionettentheater behandelt werde, „selbst wenn einige Marionetten nichts dagegen hätten“.

Tamás Fritz von Magyar Nemzet glaubt, dass die faktisch unrichtigen Äußerungen von Senator McCain auf eine schlimme Beleidigung Ungarns hinausliefen. Der hinter der Regierung stehende Kommentator erinnert daran, dass die ungarische Regierung vom Europarat kritisierte Gesetze verändert habe. Demzufolge spiegelten die Befürchtungen McCains hinsichtlich einer Schwächung der Demokratie im Lande lediglich unbegründete Beschuldigungen von Seiten der linken Opposition wider. Als besonders beleidigend empfindet Fritz, dass Senator McCain die Entsendung von US-Beobachtern zu den Parlamentswahlen angeregt habe. Als wäre Ungarn mit Honduras, Kasachstan, der Ukraine, dem Kongo oder Simbabwe vergleichbar. (Der Europarat wird wie gewöhnlich seine eigenen Beobachter entsenden – Anm. d. Red.) Mit Blick auf die Stellungnahme zum Weltkriegsmahnmal bezeichnet Fritz den Vorwurf, es solle möglicherweise die Nazi-Besatzer legitimieren, als geradezu lächerlich. Anstatt sich um all diese Dinge zu kümmern, hätte Senator McCain besser über den NSA-Spionageskandal gesprochen. Dieser bereite Ungarn Sorge, was den Zustand der Demokratie in den USA betreffe, schließt Fritz seinen Artikel.

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