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Zukunft der Ukraine im Fokus

27. Feb. 2014

Beobachter quer durch das politische Spektrum beschäftigen sich mit dem Schicksal und der Zukunft der krisengeschüttelten Ukraine. Analysten des linken Spektrums sowie gemäßigt konservative Beobachter hoffen, die EU werde der Ukraine auf dem Weg zur Demokratisierung helfen. Gleichzeitig aber äußern sie die Befürchtung, dass Russland versuchen könnte, die EU-Integration der Ukraine zu verhindern. Eine Tageszeitung des rechten Spektrums wiederum warnt vor Optimismus und fürchtet die Plünderung der Ukraine durch westliche Investoren. Ein politisch gemäßigter Blogger schlägt eine Föderalisierung des Landes statt einer Zerschlagung vor.

Die Ukraine sei ein Testfall für die Europäische Union, meint Edit Inotai in Népszabadság. Die aktive Beteiligung der Außenminister von Deutschland, Frankreich und Polen in der Krise sieht sie als Beweis für die innerhalb der EU vorhandene Erkenntnis, Entschlossenheit und Stärke zeigen zu müssen, um sich auf der geopolitischen Karte zu positionieren. Jedoch ist die Autorin unsicher, ob die EU in der Lage sein werde, der Ukraine eine deutliche Beitrittsperspektive zu eröffnen.

Die Transformation der Ukraine von einer oligarchischen Herrschaftsform zu einer Demokratie sei abhängig von Russlands Zustimmung, merkt Gábor Miklós in derselben Tageszeitung an. Er befürchtet, dass der russische Präsident Putin die Abkehr der Ukraine vom russischen Einfluss als eine Gefahr für seine Macht und Russlands geopolitische Interessen betrachte. Wenn dies geschehe, könne man nur hoffen, Präsident Putin werde von einer militärischen Aktion ähnlich der Invasion in Georgien 2008 absehen.

Die Wende beim Sprachenerlass, der die Verwendung von Minderheitensprachen in der Öffentlichkeit erlaubt hatte, sei ein großer Schritt zurück, kommentiert István Pataky in Magyar Nemzet die Entscheidung des ukrainischen Parlaments, das erst 2012 verabschiedete Gesetz aufzuheben. (Auch wenn das Gesetz auf die russischsprachige Bevölkerung im östlichen Teil der Ukraine zielt, ist auch die 150.000 Personen umfassende ungarische Minderheit im Karpatenvorland davon betroffen – Anm. d. Red.) Pataky findet es nachvollziehbar, dass die Ukraine die Nationalstaatsbildung beschleunigen wolle, um ihre Souveränität zu stärken. Diese ukrainische Nationalstaatsbildung sollte jedoch trotz allem die Rechte der ungarischen Minderheit respektieren. Der Autor hofft, dass die neuen nationalistischen Eliten der Ukraine die EU-Integration für ein wichtiges Ziel erachten und die Standards des europäischen Minderheitenschutzes respektieren werden, anstatt ihre nationalen Minderheiten als interne Feinde zu betrachten.

In Magyar Hírlap spekuliert László Bogár, dass eine unsichtbare „globale Kraft“ den Aufstand in der Ukraine inszeniert habe, um Zugang zu den Märkten des Landes und seinen natürlichen Ressourcen zu erlangen. Der regierungsfreundliche und für seine weit hergeholten Anti-Globalisierungsansichten bekannte Ökonom sagt voraus, die Ukraine werde bald von diesen versteckten globalen „Hintergrundmächten“ geplündert werden. Der Preis für einen IWF-Kredit und ein EU-Partnerschaftsabkommen werden laut Bogár schmerzhafte pro-marktwirschaftliche Reformen und Sparprogramme sein. Wären sich die Ukrainer ihres wahrscheinlichen Schicksals bewusst, schließt Bogár seine Betrachtungen, würden sie sich vereinigen und die globalen Hintergrundmächte bekämpfen, anstatt sich gegenseitig zu bekriegen.

In einem ähnlich pessimistischen Beitrag in derselben Tageszeitung wertet Gyula T.Máté die Revolte als ein Kampf miteinander konkurrierender Oligarchen. Seiner Meinung nach werden die einst russlandfreundlichen Oligarchen durch jene ersetzt, die behaupten, die EU zu befürworten. In Wirklichkeit werden die angeblich demokratischen neuen Eliten ebenso korrupt sein wie ihre Vorgänger, glaubt Máté. Nebenbei bemerkt der Autor, dass der Preis für eine vorübergehende Stabilisierung der Ukraine durch einen EU-Kredit von den gegenwärtigen EU-Mitgliedsstaaten gezahlt würde – Ungarn inbegriffen.

Eine Föderalisierung der Ukraine könnte helfen, die regionale, kulturelle und ethnische Kluft zu überbrücken, merkt Balázs Fekete in Mos Maiorum an. Der Autor erinnert daran, dass die Revolte als Protest gegen das korrupte Regime begonnen habe und Demonstranten pro-europäische Slogans skandiert hätten. Es wäre jedoch unrealistisch anzunehmen, die Situation könne ohne das Einverständnis Russlands gelöst werden. Als möglichen Ausweg schlägt Fekete die Föderalisierung der Ukraine vor, die den verschiedenen ethnischen Gruppen helfen könnte, das Land in einer gewissermaßen lockeren Form zusammenzuhalten. Eine Föderation von westlicher und östlicher Region sowie der Halbinsel Krim könne womöglich den einzigen für die Ukraine anzuwendenden institutionellen Rahmen bieten.

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