Entries RSS Feed Share Send to Facebook Tweet This Accessible version

Skepsis über Wandel in der Ukraine

11. Mar. 2014

Eine regierungsfreundliche Tageszeitung wirft Vertretern des Linksliberalismus vor, sie würden die ultranationalistische Bedrohung für in der Ukraine lebenden ethnischen Ungarn ignorieren und die Machtspiele der Oligarchen blindlings unterstützen. Ein liberaler Kommentator aus der Ukraine meint, die Ungarn wollten sich gerne aus dem Konflikt heraushalten, denn für sie gäbe es nichts zu gewinnen.

Gyula T. Máté von Magyar Hírlap bezeichnet die westliche und liberale Wahrnehmung als vorsätzlich blind gegenüber den weniger angenehmen Aspekten der ukrainischen Revolte, wie beispielsweise das starke Auftreten der rechtsextremistischen Partei Swoboda. (Swoboda hatte gefordert, dass sich eine der ungarischen Parteien in der Ukraine auflöst und deren Chef wegen der ehemaligen Unterstützung von Janukowitsch angeklagt wird – Anm. d. Red.) Es lägen keine Beweise dafür vor, dass die Demonstranten und Polizisten tötenden Scharfschützen nicht von Oligarchen angeheuert worden seien, die es mittlerweile zu Regionsgouverneuren gebracht hätten. Obama sei von Putin ausgetrickst worden, spiele aber dafür jetzt den starken Mann „vielleicht einfach nur, um ein Gesetz durch den Kongress zu bringen, das eine billigere Zahnbehandlung garantiert“. Russland habe das Recht, zehn Millionen Russen zu schützen, meint der Autor und stellt fest, dies sei auch gelungen, ohne dass bisher ein einziges Opfer zu beklagen sei. Als hingegen die USA 1983 wegen einer Handvoll Studenten Truppen nach Grenada in Gang setzten, seien mehrere hundert Menschen gestorben. Die Krim werde sich Russland anschließen, „falls nicht jetzt, dann später“. „Demokratie bedeutet Selbstbestimmung“, glaubt Máté und argumentiert, sie sei genau das, was die Bevölkerung der Krim auf die Halbinsel gebracht haben möchte.

Auf der Blogwebseite von Magyar Narancs äußert sich Károly D. Balla, ein in der Ukraine lebender Schriftsteller und Blogger. Seinen Angaben zufolge lehne er Interviewanfragen ab, weil er erkannt habe, dass „dieser Krieg nicht mein Krieg ist“. Obwohl er sich voll und ganz für eine demokratischere und wohlhabendere Ukraine ausspreche, sei er angesichts der immer chaotischeren Situation noch unsicherer geworden, „wessen Interessen da eigentlich gedient wird“. Deutlich erkennt Balla, dass die Maidan-Revolution nicht zu einer demokratischeren Ukraine geführt habe, lediglich zu einer Neuverteilung von Macht und Posten. Darüber hinaus gehende Gewissheiten existierten für ihn praktisch nicht. Balla berichtet, er habe sich geweigert, eine Erklärung gegen die Aggression Putins und für die territoriale Integrität der Ukraine zu unterschreiben, denn die Ukraine habe in den 25 Jahren ihres Bestehens stets Minderheitenrechte verweigert, und zwar nicht nur diejenigen der Ungarn, sondern auch diejenigen der Ruthenen. Die Ukraine sei ein böses und ungerechtes Land, erklärt der Blogger und zieht daraus die Konsequenz, dass er nicht bereit sei, diese Ukraine zu unterstützen – während er zugleich auf das Erscheinen einer anderen Ukraine warte, die ihn Lügen strafe.

Tags: , ,