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Umfragehöhenflug des Fidesz trügerisch?

29. Mar. 2014

Eine leidenschaftliche Kritikerin der Regierung aus dem liberalen Spektrum ist überzeugt, dass die Oppositionsparteien in den Meinungsumfragen erheblich unterbewertet würden, allerdings könne niemand sagen, in welchem Umfang. „Alles, was wir wissen, ist, dass wir nichts wissen“, lautet denn auch ihre Titelzeile.

In der Tageszeitung Népszabadság berichten András Boda und Tamás Lajos Szalay, dass laut den jüngsten Meinungsumfragen das Bündnis linker Kräfte keinerlei positive Ergebnisse für sich verbuchen könne. Der Fidesz habe seine Führung konsolidiert, während die Linke weiter an Boden eingebüßt habe und nur noch mit einem mageren Prozentpunkt vor der rechtsradikalen Partei Jobbik rangiere. Die Autoren stellen unter Berufung auf Experten fest, dass, obgleich sich die Zahlen aufgrund der bei den einzelnen Umfragen angewandten Methoden unterschieden, die Trends dennoch mehr oder weniger einander ähnelten.

In Élet és Irodalom erinnert die Soziologin Mária Vásárhelyi daran, dass die Demoskopen vor zwölf Jahren den Fidesz noch eine Woche vor dem Urnengang erheblich überbewertet und statt einer von ihnen prognostizierten Niederlage für die Sozialisten sich diese dann als die tatsächlichen Sieger entpuppt hätten. Abgesehen vom lahmen Fidesz-Wahlkampf sowie einer erfolgreichen Mobilisierungskampagne seitens der Sozialisten sei der Hauptgrund für die fehlerhafte Prognose der Umstand gewesen, dass gegen Fidesz gestimmte Wähler ihr Wahlverhalten systematisch verschwiegen hätten, erklärt die Autorin. Mittlerweile hätten es die Meinungsforscher mit einer enorm zunehmenden Verweigerungquote zu tun. Um heutzutage eine Antwort zu bekommen, müssten sie zehn Telefonanrufe tätigen oder für ein Interview an vier Haustüren klingeln. Als Folge von massiven Anstrengungen kommerzieller Meinungsforscher auf der Jagd nach den unterschiedlichsten Verbrauchervorlieben würden ähnliche Trends auch aus anderen Ländern vermeldet. Dessen ungeachtet rechnet Vásárhelyi damit, dass in Ungarn die Verweigerungshaltung unter denjenigen Wählern, die gegen die amtierende Regierung abstimmen dürften, planmäßig stärker ausgeprägt sei. Dabei sieht sie zwei Ursachen: Einerseits lägen die Verweigerungsraten in der Gruppe der höher qualifizierten Menschen höher. Sie stünden der Rechten ablehnender gegenüber als der Bevölkerungsdurchschnitt. Andererseits würden Menschen, die sich als Teil einer Minderheit begriffen, ihre Meinung zu sensiblen Fragen zurückhaltender kundtun. Wähler der Opposition, darunter auch Anhänger der Rechtsextremen, könnten angesichts der Übermacht des regierungsfreundlichen Wahlkampffeldzuges genau in dieser Art und Weise fühlen, vermutet Vásárhelyi. Schließlich und endlich ist die Soziologin überzeugt, dass sich die Menschen von der Regierung eingeschüchterter fühlten als vor zwölf Jahren. Insgesamt äußert sich Vásárhelyi sicher: Die Opposition werde mehr Stimmen bekommen, als es die Umfragen nahelegten. Eine Prognose, wie viel mehr, wagt sie hingegen nicht.

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