Entries RSS Feed Share Send to Facebook Tweet This Accessible version

Europawahl auf der Zielgeraden

19. May. 2014

Ein linksorientierter Kolumnist geht von einer niedrigen Beteiligung an den bevorstehenden Wahlen zum Europaparlament aus, denn den meisten Ungarn sei alles andere als klar, worum es eigentlich gehe. Dieser Einschätzung pflichtet ein liberaler Kollege bei, fügt jedoch hinzu, die einzige Frage sei, ob die kleinen linken Parteien die Fünf-Prozent-Hürde nehmen werden. Laut einem unabhängigen Analysten hat der ungarische Wahlkampf mit Blick auf Europa nur wenig zu vermelden. Falls aber euroskeptische Parteien zu viele Wählerstimmen auf sich vereinigen können, werden die beiden großen Blöcke im Europaparlament zusammenstehen müssen.

In Népszabadság stellt László Szűcs fest, ein Wahlplakat mit Ildikó Pelcz, der Spitzenkandidatin des Fidesz, und Jean-Claude Juncker, dem Kandidaten für den Posten des EU-Kommissionspräsidenten der Europäischen Volkspartei, würde den Ungarn nichts sagen. Der Fidesz mache also mit einem Konterfei Viktor Orbáns und die DK mit einem Foto von Ferenc Gyurcsány Wahlkampf, handele es sich doch zumindest um bekannte Gesichter. Der Autor erwartet eine geringe Wahlbeteiligung, denn der Urnengang habe etwas Unwirkliches. Die Wähler könnten zur Zeit gar nicht abschätzen, wo ihre Stimmen im Europaparlament letztendlich landen würden. Niemand wisse, welcher Gruppe sich die Gordon Bajnais Gemeinsam-PM oder die DK vertretenden Abgeordneten – falls überhaupt gewählt – anschlössen. (Erwartungen zufolge dürften beide fünf Prozent oder bestenfalls etwas über dieser Marke erreichen, womit jede der beiden Parteien einen Abgeordneten ins Europaparlament entsenden würde – Anm. d. Red.) Außerdem verfügten nicht alle im Europaparlament vertretenen Gruppierungen über ungarische Entsprechungen, notiert Szűcs. Auch hält er die Wahl des künftigen Kommissionspräsidenten durch das Europaparlament für wenig überzeugend. Ein Gipfel aller EU-Mitgliedsstaaten werde jemanden bestimmen, der der Kandidat der stärksten EP-Fraktion sein könnte – oder auch nicht. Dann könnten die Euro-Parlamentarier ihn in einem Vorgang wählen, von dem der Autor schreibt: „Es sieht aus wie eine Wahl, ist es aber nicht wirklich.“

In der Druckausgabe des Magazins HVG wird der Urnengang als „bedeutungslose zweite Runde“ der Parlamentswahl vom April abqualifiziert und damit stillschweigend vorausgesetzt, dass ein Fidesz-Sieg über jeden Zweifel erhaben sei. Der Verfasser des Artikels, Gábor Juhász, spekuliert, dass die Rechte disziplinierter agiere, doch habe die Linke mehr zu gewinnen bzw. zu verlieren, da nach wie vor nicht klar sei, ob die kleineren Mitte-Links-Parteien der ehemaligen Oppositionsallianz, die nunmehr getrennt anträten, oder die LMP die Fünf-Prozent-Hürde überwinden könnten.

András G. Inotai, ein unabhängiger Experte im Dienste des griechischen EU-Kommissars, äußert sich auf dem Internetportal Index und erklärt die EU-weite Bedeutung der ungarischen Abstimmung. Die 21 hierzulande zur Wahl stehenden Mandate gäben dem Land ein um 40 Prozent höheres Gewicht, als ein strikt an der Bevölkerungszahl orientiertes System. Im gegenwärtigen Europaparlament könnte sogar eine einzige Stimme von Bedeutung sein, da die Europäische Volkspartei und die Sozialisten jeweils 28 Prozent erhalten dürften, während die euroskeptischen Kräfte mit 15 bis 25 Prozent eingeschätzt würden. Selbst wenn die Euroskeptiker besser abschnitten, sei es doch höchst unwahrscheinlich, dass sie sich in den meisten Fragen auf eine gemeinsame Linie verständigen könnten, ist sich Inotai sicher. Zudem: „Eine einzige Ja-Stimme würde bedeuten, dass sie die Rechtmäßigkeit des Europaparlaments anerkennen.“ Es sei wichtig, so Inotai, welcher Fraktion sich die Kandidaten kleinerer Parteien anschlössen (Gemeinsam-PM und die DK haben ihre entsprechenden Präferenzen bislang nicht bekanntgegeben – Anm. d. Red.). Allerdings sei es generell so, dass die beiden großen Fraktionen über eine Mehrheit verfügen und angesichts euroskeptischer Gefahren zusammenhalten würden.

Tags: , ,