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Kein Referendum zum Paks-Deal

11. Jul. 2014

Ein liberaler Kommentator kritisiert das Verfassungsgericht, das ein Referendum über die Erweiterung des Atomkraftwerks in Paks vereitelt hat. Die Richter beriefen sich dabei auf ein verfassungsmäßiges Verbot von Referenden über in internationalen Verträgen vereinbarte Angelegenheiten. Nach Ansicht des Kommentators belegen frühere Urteile des Gerichts das Gegenteil. Seine konservative Kollegin stimmt dem Richterspruch zu, verlangt aber klarere Rechtsvorschriften über Referenden und die Staatsverschuldung.

In der Vergangenheit habe das Gericht Referenden über internationale Vereinbarungen betreffende Fragen durchaus zugelassen – und zwar ungeachtet eines verfassungsmäßigen Verbots derartiger Abstimmungen, macht Miklós Hargitai in Népszabadság geltend. Das Referendum über die doppelte Staatsbürgerschaft 2004 sowie über Studien- und Krankenhausgebühren 2008 seien solche Fälle gewesen, glaubt der Autor. (Das Gericht vertrat den Stadtpunkt, dass die für das AKW-Referendum vorgesehene Fragestellung direkt die ungarisch-russische Vereinbarung über die Finanzierung der neuen Atomkraftwerksblöcke gefährdet hätte – Anm. d. Red., vgl. BudaPost vom 16. Januar). Der liberale Analyst schreibt, das Gericht hätte stattdessen ein anderes Verbot anwenden sollen – und zwar jenes, das jedwede Erhöhung der Staatsschulden verbiete, solange die Staatsverschuldung bei über 50 Prozent des BIP liege. Für Hargitai bedeutet die aktuelle Entscheidung, dass sich jede nicht verfassungsmäßige Maßnahme umsetzen ließe, wenn sie nur in einem internationalen Vertrag verborgen werde.

Das Verfassungsgericht habe weder die Referendumsinitiative noch den Atomvertrag selbst einer wirklich genauen Überprüfung unterzogen, sondern lediglich einem früheren Urteil des Obersten Gerichts (Kurie) zugestimmt, merkt Beáta Bakó auf Mandiner an. Doch selbst wenn die Kurie in Detailfragen eingedrungen wäre, so die konservative Analystin, hätte sie bezüglich der Volksabstimmung die gleichen Schlussfolgerungen gezogen. Nicht nur würde das Referendum Verpflichtungen betreffen, die in internationalen Verträgen festgehalten worden seien, sondern auch über eine Frage im direkten Zusammenhang mit dem Staatsbudget entscheiden – beides wäre laut aktueller Verfassung illegal. Bakó erkennt jedoch den Konflikt zwischen dem Atomkraftwerksvertrag und dem Verfassungsartikel zur Staatsverschuldung und verlangt daher eine grundlegende Überprüfung des ungarischen Grundgesetzes. Auch glaubt sie, dass das Gericht im Hinblick auf internationale Verpflichtungen konkrete Grenzbereiche definieren sollte, um zu klären, wann ein Referendum abgehalten werden könne und wann nicht.

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