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Künftig keine Verjährungsfrist bei Kindesmissbrauch

19. Sep. 2014

Ein konservativer Kolumnist begrüßt die Initiative der Regierungen für eine Strafgesetzesnovelle, der zufolge künftig Kindesmissbrauch ohne Rücksicht auf eine Verjährungsfrist verfolgt werden kann. Ein liberaler Kommentator äußert dagegen die Befürchtung, dass Bezichtigungen, die Kinderschändung zum Gegenstand haben, zunehmend der Diskreditierung unschuldiger Personen dienen werden.

Die Regierungspartei Fidesz hat eine Strafgesetzesnovelle angekündigt, in der eine Verjährungsfrist für Fälle von Kindesmissbrauch nicht mehr vorgesehen ist. Demnach könnten Kinderschänder künftig ohne zeitliche Befristung verfolgt und bestraft werden. Hintergrund der Entscheidung ist erklärtermaßen der bekannte Fall einer prominenten Medienpersönlichkeit. Dabei handelt es sich um Pál Sipos, der vor über zwei Jahrzehnten als Lehrer sowie Redakteur beim staatlichen ungarischen Fernsehen Kinder missbraucht haben soll. Die Fälle sind verjährt und können nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden. Laut aktuell gültigem Strafrecht kann in Fällen von Kindesmissbrauch dann ermittelt werden, wenn sie angezeigt werden, bevor das Opfer das 23. Lebensjahr erreicht hat. Ein anderer liberaler Prominenter wird von seiner mittlerweile geschiedenen Ehefrau bezichtigt, ihre Tochter sexuell missbraucht zu haben. Der Beschuldigte weist die Vorwürfe zurück, worüber in den Medien – darunter auch Népszabadság – ausführlich berichtet und diskutiert wird.

Das Leid, das Pál Sipos den von ihm missbrauchten Kindern zugefügt habe, trage kein Verfallsdatum, schreibt Gábor Mező in Magyar Hírlap. Der konservative Kolumnist begrüßt die Kabinettsvorlage zur Novellierung des Strafgesetzes, damit Kinderschänder künftig zeitlich unbefristet vor Gericht gestellt werden können. Da Missbrauchstäter häufig straflos ausgingen, werde die Streichung der Verjährungsfrist die Chancen auf Strafverfolgung pädophiler Täter erhöhen. Mező fügt hinzu, dass die Novelle auch zu einer Verringerung von Kindesmissbrauchsfällen beitragen könnte, da strengere Gesetze potenzielle Missbrauchstäter von ihrem Vorhaben abhalten könnten. Angesichts all dieser Tatsachen steht die Vernünftigkeit der Gesetzesinitiative für Mező außer Zweifel.

In Népszabadság dagegen warnt Sándor Révész vor einer Aufhebung der Verjährungsfrist. Der liberale Autor räumt ein, dass in Ungarn lediglich ein geringer Prozentsatz von Kindesmissbrauchsfällen ans Tageslicht käme und verfolgt werde. Doch sei es gleichzeitig ziemlich einfach, Kindesmissbrauch zu instrumentalisieren und unschuldige Menschen „des abscheulichsten Verbrechens“ zu bezichtigen. Selbst eine Ermittlung, die nicht in einer tatsächlichen Anklage münde, füge jedermanns guten Namen und Ehre enormen Schaden zu, warnt Révész. Falls die Schändung von Kindern ohne zeitliche Begrenzung verfolgt werden könne, könnten derartige Beschuldigungen für Erpressungen oder zur Diskreditierung von Personen missbraucht werden, befürchtet Révész.

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