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Amerikanisch-ungarischer Streit um Korruptionsvorwürfe

19. Dec. 2014

Nach Ansicht eines Kommentators aus dem linken Spektrum sollte sich Ungarn über die Nachricht freuen, wonach die Vereinigten Staaten die Korruptionsbekämpfung in Mittel- und Osteuropa finanziell unterstützen wollen. Seine regierungsfreundliche Kollegin wiederum vergleicht die amerikanischen Beschuldigungen mit den Anklagepunkten geheimnisvoller Autoritäten gegen Herrn K. in Kafkas berühmtem Roman „Der Prozess“.

In Népszabadság kritisiert Gábor Horváth Außenminister Péter Szíjjártó, der „Ungarns Besorgnis” über die Pläne der USA zum Ausdruck gebracht hatte, erhebliche Geldmittel für eine Antikorruptionsinitiative in Mittel- und Osteuropa aufzuwenden. (Der Minister hatte geäußert, die nationale Souveränität verlange eine Einbeziehung der ungarischen Regierung. Und Ministerpräsident Orbán klagte gegenüber Journalisten, „niemand in Ungarn ist glücklich darüber, dass unser Land gemeinsam mit 20 anderen Ländern zum Operationsgebiet wird” – Anm. d. Red.) Anstatt zu protestieren, argumentiert Horváth, sollte die Regierung Washingtons Bereitschaft begrüßen, das Geld amerikanischer Steuerzahler zur Korruptionsbekämpfung einzusetzen. Der Autor weist auf in letzter Zeit weit verbreitete Fotos und Artikel hin, die Politiker oder Berater bei der Zurschaustellung ihrer kostspieligen Accessoires zeigen oder sich mit dem Kauf teurer Wohnungen beschäftigen. Selbst die chinesische Führung habe, so Horváth, eingesehen, dass die Regierung mit der Verfolgung korrupter Beamter ihre Glaubwürdigkeit stärken könne.

In einem leidenschaftlichen Leitartikel in Magyar Nemzet argumentiert Zsuzsanna Körmendy, dass sich die USA vor dem Hintergrund des Senatsberichts über CIA-Verhörmethoden nicht in einer Position befänden, anderen Unterricht zu erteilen. Zwar zitiert sie den Satz des Ministerpräsidenten, wonach Ungarn zum „Operationsgebiet“ werde, doch ihr Hauptanliegen sind die gegen Ildikó Vida, die Chefin der Steuerbehörde, vorgebrachten Verdächtigungen. (Vida ist die einzige von sechs ungarischen, mit einem US-Einreiseverbot belegten Persönlichkeiten, deren Name bekannt wurde – Anm. d. Red.) Da laut dem Chargé d’Affaires der US-Botschaft in Budapest die Gründe für diese Maßnahme nicht offengelegt werden dürfen, vergleicht Körmendy die Angelegenheit mit dem, was Herrn K. in Kafkas berühmtem Roman „Der Prozess“ zustößt. (Bekanntlich wird Herr K. von unbekannten Personen inhaftiert. Diese legen ihm eine nicht näher spezifizierte Schuld zur Last, ohne eine Erklärung für ihr Tun abzugeben – Anm. d. Red.) „Glücklicherweise schrieb Kafka seinen Roman vor 100 Jahren“, schließt Körmendy.

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