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Orbán in Warschau

21. Feb. 2015

Nach dem Besuch von Ministerpräsident Orbán in Polen und seinem in angespannter Atmosphäre durchgeführten Gespräch mit der polnischen Ministerpräsidentin über Russland und die Ukraine wirft ein konservativer Kolumnist Polen Unterwürfigkeit gegenüber Washington vor. Ein Kommentator aus dem linken Spektrum wiederum glaubt, Orbán habe all seine Glaubwürdigkeit in Polen verspielt. Ministerpräsident Orbán erhielt in Warschau den „Goldenen Regenschirm“, eine prestigeträchtige Auszeichnung der Polnischen Handelskammer, mit der bedeutende Leistungen zugunsten der polnischen Wirtschafts- und Handelsbeziehungen gewürdigt werden. Nach einem Treffen mit der polnischen Ministerpräsidentin Ewa Kopacz sagte Orbán, die Freundschaft zu Polen werde ungarischen Herzen immer lieb und teuer sein. In einer zurückhaltendem Stellungnahme betonte Kopacz, wie wichtig es sei, dass bei der Verteidigung der ukrainischen Unabhängigkeit sowohl innerhalb der EU als auch unter den vier Visegrád-Staaten Polen, Tschechische Republik, Slowakei sowie Ungarn Einigkeit bestehe. Führende Medien in Ungarn interpretieren diese Worte als Kritik an der Russland-Strategie Budapests (vgl. BudaPost vom 19. Februar). Die Ukraine-Krise habe einen Bruch in der traditionellen Freundschaft zwischen Ungarn und Polen erzeugt, schreibt Gábor Stier in Magyar Nemzet. Der regierungsfreundliche Kolumnist hebt hervor, dass Polen zunehmend USA-freundlich und Russland-feindlich eingestellt sei, während die ungarische Regierung versuche, zwischen den Großmächten zu balancieren. Aufgrund der historischen Erfahrungen des Landes folge die polnische Regierung unkritisch Washington, da es die Vereinigten Staaten als den Hauptgaranten für Polens Unabhängigkeit betrachte. Stier befürchtet, dass die geopolitische Strategie der polnischen Regierung die Kooperation sowohl innerhalb der EU als auch der Visegrad 4 schwächen könnte. In Népszava äußert Róbert Friss die Auffassung, dass Ministerpräsident Orbán nach Warschau gereist sei, um ein Gegengewicht zum Besuch des russischen Präsidenten Putin zu schaffen und zu erklären, warum die Aufrechterhaltung guter Beziehungen zu Russland für Ungarn wichtig sei. Der Kolumnist aus dem linken Spektrum attestiert Orbán, mit seinem Einsatz gescheitert zu sein. Als Ergebnis seiner um Ausgleich bemühten Annäherung an Russland habe der Ministerpräsident seine Glaubwürdigkeit in Polen eingebüßt.

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