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Zum Zustand der ungarischen Medien

23. Mar. 2015

Nach Ansicht eines konservativen Politikwissenschaftlers stößt man bei linken Medien mittlerweile überwiegend auf Sensationsjournalismus. Ein marxistischer Philosoph fügt hinzu, dass die Mainstream-Medien – sowohl linke als auch rechte – unbewusst Jobbik unterstützen. Dass die öffentlich-rechtlichen Medien komplett geschlossen werden sollten, da sie stets den Interessen der Regierenden dienen würden, empfiehlt ein liberaler Kommentator, wohingegen eine moderate Stimme überzeugt ist, dass sich politische Analysten im Zuge der parteiisch geführten Debatten zu Söldnern entwickelt haben.

In Magyar Nemzet hebt Tibor Löffler hervor, dass die links ausgerichteten Medien Ungarns zunehmend Richtung Boulevardjournalismus gerückt seien. Der konservative Politologe behauptet, dass die gängigen Oppositionsmedien in ihrer Berichterstattung weniger Objektivität walten ließen und versuchten, Wähler durch Sensationsberichte, grobe Simplifizierungen und grandiose Übertreibungen, anstatt durch sachliche und vernünftige Kritik zu mobilisieren. Dieser reißerische Journalismus sorge für eine stark vereinfachte Darstellung des gesellschaftlichen Lebens, behauptet Löffler. Als Folge werde der Wähler seine Fähigkeit verlieren, irgendeinen Vorgang rational zu beurteilen. Vielmehr werde er an seiner Voreingenommenheit festhalten, selbst wenn diese einer sachlichen Grundlage entbehren sollte.

In einem Kommentar zu den jüngsten Umfragen (vgl. BudaPost vom 19. März) behauptet Gáspár Miklós Tamás in Heti Világgazdaság, dass die rechtsradikale Jobbik-Partei von der Vorgehensweise der linken und rechten Mainstream-Medien profitiere. Der Kampf des früheren Fidesz-Moguls Lajos Simicska mit der Regierung schwäche die Popularität des Fidesz innerhalb der Mittelklasse sowie älterer Generationen und dränge unentschlossene konservative Wähler Richtung Jobbik, glaubt Tamás. Auch nehme die linke wie die liberale Presse die Herausforderung seitens Jobbik nicht ernst. Oberflächlicher, effekthascherischer liberaler Sensationsjournalismus verurteile und verspotte tagein, tagaus die Ungarn und deren Denken, was ebenfalls in die Hände von Jobbik spiele, die problemlos den beleidigten und linksliberalen Eliten entfremdeten Wähler für sich zu gewinnen vermag. Im Ergebnis werde Jobbik auch ohne eigene Medien im Rücken zunehmend populärer, resümiert der Autor.

„Die öffentlich-rechtlichen Medien sollten abgeschafft werden“, fordert Sándor Révész in Népszabadság. Der liberale Kommentator behauptet, dass die einander ablösenden linken und rechten Regierungen seit 1990 sich die alten kommunistischen Praktiken zum Vorbild genommen und versucht hätten, die öffentlich-rechtlichen Medien zu dominieren und sie als Propagandawerkzeuge zu benutzen. Vor diesem Hintergrund beurteilt Révész auch den Beschluss der Regierung, den öffentlich-rechtlichen Fernsehsender M1 zum landesweiten Nachrichtenkanal umzubauen (vgl. BudaPost vom 21. März). Als Fazit schlägt Révész vor, dass die öffentlich-rechtlichen Medien komplett abgeschafft werden sollten – es gebe für sie keinen Bedarf, falls sie ausschließlich parteilichen Interessen anstatt dem Allgemeininteresse dienten.

„Die politische Analyse ist tot“, verkündet Gábor Török. Der für seine gemäßigten und ausgewogenen Ansichten bekannte Politikwissenschaftler glaubt, dass die ungarische Politikanalyse zur Beute von Strippenziehern der Parteipropaganda geworden sei. Die Parteien hätten mitbekommen, dass sie ihre Botschaften an die Wähler bringen könnten, indem sie als politische PR-Manager agierende Quasi-Analysten einstellten. Auch würden die Politiker die mit ihnen liierten Analysten benutzen, um die eigenen Ansichten bestätigt zu bekommen, was sie im Ergebnis noch entschlossener mache, fügt Török hinzu. Politische Analysten seien mittlerweile zu Beteiligten des politischen Lebens anstatt zu dessen Beobachtern geworden. Török macht darauf aufmerksam, dass die ungarische Öffentlichkeit parteiische Analysten mit ausgeprägten und einseitigen Meinung einer ausgewogenen Analyse vorzögen, die sie oft als nichtssagend und langweilig empfänden.

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