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Áder bleibt Moskauer Siegesparade fern

29. Apr. 2015

Kommentatoren sowohl des linken als auch des rechten Spektrums sinnieren über die geopolitischen Auswirkungen der Entscheidung des ungarischen Staatspräsidenten János Áder, nicht zu den am 9. Mai in Moskau stattfindenden Feierlichkeiten anlässlich des sowjetischen Sieges im Zweiten Weltkrieg in die russische Hauptstadt zu reisen. Gleichzeitig loben sie die kluge und ausgewogene Vorgehensweise von Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Nach Angaben des ungarischen Präsidialamts wird Staatspräsident János Áder dem Vorbild zahlreicher anderer europäischer Spitzenpolitiker folgend der Militärparade aus Anlass der Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag des Sieges der UdSSR über Nazi-Deutschland am 9. Mai fernbleiben. Ungarn wird stattdessen durch seinen Botschafter in Russland vertreten sein.

In einem Kommentar von Népszabadság heißt es, das lange Zögern von Präsident Áder in der Frage seiner Siegesparadenteilnahme weise auf die Existenz diffuser Bruchlinien in der Region hin. Während andere Länder in Europa die Einladung von Präsident Putin umgehend ausgeschlagen hätten, habe Ungarn zwischenzeitlich intensivere Beziehungen zu Russland geknüpft. Aus diesem Grund habe man sich nicht so leicht gegen eine Teilnahme aussprechen können. Die linke Tageszeitung lobt die weise Entscheidung von Bundeskanzlerin Merkel, die zwar der Siegesparade selbst fernbleiben, Moskau jedoch tags darauf einen Besuch abstatten und im Gedenken an die Opfer des Zweiten Weltkrieges einen Kranz niederlegen werde.

Angesichts des jüngst von Ungarn praktizierten Balancierens zwischen West und Ost erscheint die Entscheidung Áders doppeldeutig, schreibt Gábor László Zord in Magyar Nemzet. Der konservative Analyst räumt ein, dass sich Ungarn an seinen Nato- und EU-Verbündeten habe orientieren müssen und dass Ungarn als „Hitlers letzter Vasall“ nicht der lautstärkste Einpeitscher der die Nazi-Niederlage feiernden Parade sein könne – eine Niederlage, die ja auch den Beginn eines anderen totalitären Regimes in Ungarn markiere. Dennoch fragt sich Zord, ob Ungarn dem Druck der USA nach- und seine bislang ausgewogene außenpolitische Strategie preisgegeben habe, um sich in der Gefolgschaft des Vorreiters Washington mit den „antirussischen Zeloten“ zusammenzutun. Zord gelangt zu der Schlussfolgerung, dass es klüger gewesen wäre, sich der Strategie von Bundeskanzlerin Merkel anzuschießen, anstatt deutlich Partei für antirussische Länder zu ergreifen.

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