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Fidesz für schärfere Grenzkontrollen

10. Jun. 2015

Kommentatoren aller Couleur diskutieren den Fidesz-Vorschlag, die Kontrollen an den Schengen-Außengrenzen zu verstärken und illegal von einem sicheren Drittland nach Ungarn eingereiste Migranten zurückzuschicken.

Parlamentsabgeordnete der Regierungspartei Fidesz haben Pläne verkündet, wonach die Kontrollen an der Südgrenze Ungarns verstärkt werden sollen, um auf diese Weise die illegale Einreise von Migranten zu verhindern. Laut diesen Plänen würden Asylsuchende, die über sichere Drittstaaten – mit der Möglichkeit auf einen dortigen Flüchtlingsstatus – einreisen, keinen Asylantrag in Ungarn mehr stellen dürfen. Unterdessen hat Österreich angekündigt, sich an die Dubliner Übereinkunft halten zu wollen. Das bedeutet, dass Wien all jene Migranten nach Ungarn zurückschicken wird, die illegal in die Schengen-Zone eingereist waren und in Ungarn bereits einen Asylantrag gestellt hatten.

Jenő Veress von der Tageszeitung Népszava behauptet, die Fidesz-Pläne einer verstärkten Kontrolle an der ungarisch-serbischen Grenze würden einer Wiedererrichtung des Eisernen Vorhangs gleichkommen. Die Regierung wolle sämtliche Flüchtlinge zurückschicken, selbst wenn sie dies ihr Leben kosten könnte, glaubt der linksorientierte Journalist. Veress vergleicht den Vorschlag mit der kommunistischen Praxis aus Zeiten vor 1989, als aus Siebenbürgen fliehende ethnische Ungarn festgenommen und dem rumänischen Staatssicherheitsdienst ausgeliefert wurden.

Laut dem Schengener Abkommen bestehe für Ungarn eine Pflicht zum Schutz der EU-Außengrenzen, heißt es im Leitartikel auf der Titelseite von Népszabadság. Das linksliberale Blatt fragt sich, weshalb die Regierung seit 2008 nichts unternommen habe, um den Grenzschutz zu stärken.

Ungarn dürfte demnächst zum Zielland von Migranten werden, argwöhnt Ferenc Kis in Napi Gazdaság. Der regierungsfreundliche Kolumnist verweist darauf, dass die Anzahl der Migranten und Asylsuchenden in Ungarn deutlich ansteigen werde, falls die westlichen EU-Mitgliedsstaaten dem Beispiel Österreichs folgen und Flüchtlinge, die den Schengenraum via Ungarn betreten hätten, hierher zurückschicken würden. Sollten sich diese Zahlen mit dem sich verstärkenden Strom von Migranten aus dem Süden addieren, stehe Ungarn eine massive Flüchtlingskrise ins Haus (vgl. BudaPost vom 26. Mai) – es sei denn, die ungarische Regierung werde sofort aktiv. In einem Seitenhieb vermerkt Kis, dass die der Regierung eine gegen Einwanderer gerichtete Rhetorik vorwerfenden Oppositionsparteien unverantwortlich und demagogisch aufträten, denn sie würden komplett die sicherheitspolitischen, sozialen und kulturellen Auswirkungen einer zunehmenden illegalen Einwanderung ignorieren.

Die Linke habe die Vorschläge der Regierung vehement kritisiert, aber keinerlei Alternativen präsentiert, beklagt Bence Pintér auf Mandiner. Der der politischen Mitte zuzuordnende Blogger hält es für äußerst problematisch, dass die südosteuropäischen Länder, darunter das EU-Mitglied Griechenland, Migranten Richtung Westen ziehen lasse, während westliche EU-Staaten solche Migranten künftig nach Ungarn zurückschicken wollten, wenn klar werde, dass sie über Ungarn gereist seien. Man könne die ziemlich drastische gegen Migranten gerichtete Politik der Regierung kritisieren, allerdings sollten die Kritiker mit glaubwürdigen Alternativvorschlägen aufwarten, gibt Pintér zu bedenken und resümiert: Bislang habe die Linke keinerlei Ideen präsentiert, wie der zunehmenden Einwanderung zu begegnen sei.

In Magyar Nemzet fordert Szabolcs Szerető einen gemeinsamen europäischen Rahmenplan zum Thema Migration. Dabei sollte die EU ihren Mitgliedsländern mit Schengen-Außengrenzen bei der Verstärkung ihrer Grenzkontrollen unter die Arme greifen, notiert der konservative Kommentator. Europa und Ungarn sollten verfolgten Menschen Zuflucht gewähren, allerdings könnten sie keine weiteren Wirtschaftsflüchtlinge mehr unterbringen, deren Leben nicht in Gefahr sei. Im Übrigen bezeichnet Szerető Botschaften zum Thema Migration sowohl seitens der Regierung als auch der Opposition als „vereinfachend und kindisch“.

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