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Flüchtlingsnotstand: Ungarn auf der Anklagebank

3. Sep. 2015

Eine linksorientierte Kolumnistin fordert, dass sich die ungarischen Behörden besser um die in Budapest festsitzenden Migranten kümmern sollten. Vertreter des rechten Spektrums wiederum halten es für unangebracht, dass von Ungarn einerseits die Durchsetzung des Weiterreiseverbots von Migranten Richtung Westen verlangt, das Land aber andererseits für den Bau eines Zauns kritisiert werde, der Migranten an der Einreise in den Schengen-Raum hindern solle.

„Die Migrationspolitik der Regierung ist grandios gescheitert“, diagnostiziert Emese Szabó in Népszabadság. Nach Einschätzung der linksorientierten Kommentatorin sei es der Regierung nicht gelungen, die Migranten an der Grenze zu stoppen. Nunmehr könne sie sich nicht ordnungsgemäß um sie kümmern (vgl. BudaPost vom 2. September). Anstatt angesichts der immer stärker anschwellenden Zahl an Migranten in Budapest etwas zu unternehmen, fahre das Kabinett in seiner gegen Einwanderer gerichteten Rhetorik mit dem Hinweis fort, dass die illegalen Migranten eine Gefahr für Gesundheit und Sicherheit der Bürger darstellten, echauffiert sich Szabó. Als eine Folge dieser „Ignoranz seitens der Regierung“ würden auch Ungarn in Mitleidenschaft gezogen, die nunmehr nicht mehr an Bord von überfüllten und ausgebuchten Zügen gelangen könnten, notiert Szabó.

In einer Reportage vom Keleti-Bahnhof gelangt Bence Pintér auf Mandiner zu der Erkenntnis, dass die ungarischen Behörden keinen blassen Schimmer hätten, wie mit den Migranten umzugehen sei. Weder die ungarischen Behörden noch Kirchen oder internationale Hilfsorganisationen würden sich um die Bereitstellung von Notunterkünften für in Budapest festsitzende Migranten kümmern. Und so litten beide Seiten: die Migranten und die Budapester.

In Heti Válasz schreibt Bálint Ablonczy, es sei töricht, dass Ungarn für die Migrantenkrise verantwortlich gemacht werde. Der konservative Autor weist Vorwürfe zurück, wonach die ungarische Regierung über die Notlage der Migranten in Budapest hinwegsehe. Ohne Papiere in die Schengen-Zone einreisende Migranten würden registriert und in Budapest aufgehalten – nicht, weil dies im Interesse der ungarischen Regierung läge, sondern weil EU-Gesetze dies vorschrieben, unterstreicht Ablonczy. Die ungarische Regierung hätte zwar mehr Kooperationsbereitschaft an den Tag legen und mehrere Dutzend Migranten im Rahmen des EU-Quotensystems (vgl. BudaPost vom 27. Juni) aufnehmen und somit harscher Kritik seitens der EU zuvorkommen können. Dessen ungeachtet jedoch hält Ablonczy es für nicht gerechtfertigt, Ungarn mit einer Aussetzung der Bewegungsfreiheit innerhalb der Union oder mit einer Kürzung von EU-Fördergeldern für das Land zu drohen.

„Es ist absurd und selbstgefällig, dass, während der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann Ungarn für den Bau eines Zauns an seiner Südgrenze kritisiert, Österreich de facto Grenzkontrollen wieder einführt“, hält Tamás Lánczi auf Mozgástér fest. Der regierungsfreundliche Autor fragt sich, wie Ungarn den Strom von Migranten Richtung Österreich und Deutschland stoppen könne, wenn es nicht Zäune an seiner Grenze errichte und Migranten in Ungarn zurückhalte, die den Zaun im Süden überwunden hätten.

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