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Le Pen ante portas

9. Dec. 2015

Angesichts des großen Erfolgs der rechtsgerichteten Partei Front National in der ersten Runde der französischen Regionalwahlen fragen sich Publizisten aus allen politischen Lagern, ob es sich bei der Anziehungskraft radikaler Parteien in Europa um ein vorübergehendes oder beständiges Phänomen handele.

Tibor Várkonyi äußert sich zuversichtlich. In Népszava schreibt der linke Autor, die gemäßigten Parteien würden stark genug sein, um den „pro-faschistischen“ Front National in der zweiten Runde der Regionalwahlen gemeinsam zu besiegen. Várkonyi räumt zwar ein, dass die politische Mitte in Frankreich ausgehöhlt werde, dennoch zeigt er sich optimistisch, dass die Radikalisierung europäischer Wähler lediglich eine zeitweilige Erscheinung sei.

„In der Bastion der europäischen Demokratie gibt es nicht ganz so viele radikale Wähler, wie die Wahlen glauben machen“, heißt es im Leitartikel auf der Titelseite von Népszabadság. Nach Einschätzung der führenden linken Tageszeitung hat das von den gemäßigten Parteien enttäuschte Wahlvolk in der Hoffnung für Le Pen gestimmt, dass der Front National den islamistischen Terror besiegen könne. Doch stattdessen werde die radikale Partei lediglich genau den Lebensstil abschaffen, den die französischen Wähler vor extremistischen Herausforderern verteidigen wollten, warnt Népszabadság.

István Pataky von Magyar Nemzet warnt davor, den Erfolg des Front National auf eine gesteigerte Terrorismusfurcht zurückzuführen. Während die gemäßigten Volksparteien außer schmerzhaften Einschränkungen keine sinnvollen Antworten auf die jüngsten wirtschaftspolitischen Herausforderungen anzubieten hätten, habe der Front National geschickt soziale Versprechungen mit nationalistischer Rhetorik verknüpft. Zudem habe er unter Marine Le Pen sein antisemitisches Image abgelegt. Auch das, so Pataky, habe den Zugang ihrer Partei zu moderaten und jungen Wählern erleichtert.

„Die Franzosen haben die Nase voll von Terrorangriffen, Angst, Einwanderung, gescheitertem Multikulturalismus, Ghettos in Marseille und Paris, Arbeitslosigkeit, der Einfuhr ausländischer Produkte, dem Niedergang der französischen Kultur, politischen Analysten, Angela Merkel, der Europäischen Union – und allem.“ So interpretiert Zoltán Kottász in Magyar Idők die Ergebnisse der französischen Regionalwahlen. Da die auf Veränderungen erpichten Wähler zunehmend enttäuscht würden und sich vom Mainstream abwendeten, legten radikale Parteien mit einfachen Antworten und neuen Gesichtern europaweit an Attraktivität zu, schreibt der regierungsfreundliche Autor. In einer Randnotiz fragt sich Kottász, wie Europa wohl reagieren würde, falls eine extremistische Partei vom Schlage des Front National eine Wahl in Ungarn gewönne.

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