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Obama offenbart Einflussnahme wegen Hóman-Denkmals

30. Jan. 2016

Die Kommentatoren greifen eine Äußerung von US-Präsident Obama auf, wonach sich die Vereinigten Staaten aktiv gegen die Errichtung eines Denkmals für den ungarischen Kulturminister der Zwischenkriegsperiode Bálint Hóman eingesetzt hätten. In diesem Zusammenhang nennt eine linksgerichtete Tageszeitung die Haltung der Regierung beschämend, während ein regierungsfreundliches Blatt aus einer offiziellen Stellungnahme zitiert, in der bestritten wird, dass sich das Kabinett bei seiner Ablehnung des Vorhabens ausländischem Druck gebeugt habe.

Im Rahmen einer Feierstunde anlässlich des Internationalen Holocaust-Gedenktages sagte Präsident Barack Obama in der israelischen Botschaft in Washington: „Die Vereinigten Staaten haben mit zahlreichen Ungarn und anderen interessierten internationalen Gruppierungen sehr intensiv dafür gearbeitet, dass das Denkmal nicht gebaut wird. … Letztendlich haben die Denkmal-Befürworter ihre Pläne begraben.“ – Bálint Hóman war ein anerkannter Historiker, der in den Jahren zwischen 1932 und 1942 als ungarischer Minister für Kultur und Bildung amtierte. Dabei setzte er sich aktiv für antijüdische Gesetze ein und forderte 1944 sogar Judendeportationen. Unter dem Vorwurf, Kriegsverbrechen begangen zu haben, wurde Hóman nach dem Krieg der Prozess gemacht. Trotz der Haltlosigkeit der Anklage verurteilte das Gericht ihn zu einer lebenslangen Haftstrafe. Er starb im Gefängnis, in dem seine Herzkrankheit unbehandelt geblieben war. Das Oberste Gericht Ungarns (Kurie) rehabilitierte ihn 2015. Berichte über Hómans antisemitische Aktivitäten wurden einer breiteren Öffentlichkeit erst bekannt, nachdem der Plan zum Bau eines ihm gewidmeten Denkmals gefasst worden war.

In einem Leitartikel auf der Titelseite von Népszabadság wird die ungarische Nachrichtenagentur MTI kritisiert, weil sie die Äußerung Obamas in ihrem ersten Bericht über die Rede des Präsidenten weggelassen hatte. (MTI rechtfertigte die Auslassung damit, dass die Korrespondentin ihren Originalbericht anhand der Zusammenfassung einer anderen Nachrichtenagentur verfasst habe. In dieser Version sei von Ungarn überhaupt nicht die Rede gewesen – Anm. d. Red.) Allerdings sieht das linksorientierte Blatt vor allem die Regierung als Hauptschuldigen in der Angelegenheit. Schließlich habe sie die Idee für den Bau des Denkmals für einen Antisemiten und allerletzten Unterstützer des Pfeilkreuzler-Regimes befürwortet.

In Magyar Hírlap zitiert Loretta Tóth einen Regierungssprecher. Demnach habe ausländischer Druck die Lösung der Angelegenheit nur behindert. Und der Ministerpräsident habe geäußert, dass sich Amerika lieber nicht eingemischt hätte. (Verschiedene ungarische Spitzenpolitiker, darunter drei Minister, hatten sich gegen den Bau des Denkmals ausgesprochen, und zwar noch bevor letztendlich auch Ministerpräsident Orbán selbst das Vorhaben in einer Rede vor dem Parlament ablehnte, vgl. BudaPost vom 12. und 25. Dezember – Anm. d. Red.)

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