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„Migrationsnotstand“ in der Kritik

12. Mar. 2016

Das konservative Meinungsportal Mandiner bezweifelt, dass die Ausrufung eines speziellen Notstands in Erwartung einer möglichen Welle illegaler Migranten juristisch gerechtfertigt sei. Die regierungsnahe Tageszeitung Magyar Idők zitiert Experten, denen zufolge sich der Notstand letzten Endes als nützlich erweisen werde.

Auf Mandiner äußert sich Bence Pintér nicht überzeugt, dass ein lediglich auf präventiver Basis ausgerufener Notstand mit dem im vergangenen Jahr verabschiedeten einschlägigen Gesetz vereinbart werden könne. (Am Dienstag rief Ungarn einen landesweiten sog. „Migrationsnotstand“ aus. Diese Art von Notstand – nicht zu verwechseln mit dem „traditionellen“ Notstand oder dem „Terrornotstand“, wie ihn der Fidesz Anfang des Jahres per Gesetz durch das Parlament zu schleusen versuchte [vgl. BudaPost vom 25. Januar] – hatte im vergangenen Jahr unter dem Eindruck der Migrationskrise Gesetzeskraft erlangt. Er erlaubt unter anderem den verstärkten Einsatz von Polizei und Militär bei der landesweiten Suche nach illegalen Migranten. Zudem ist in bestimmten Fällen das Betreten privater Wohnungen gestattet. Dieses Mal gehe es um die Verlegung von Polizisten und 1.500 Soldaten an die Grenze, so Innenminister Sándor Pintér am Mittwoch vor Pressevertretern. Offiziell wird der Notstand damit begründet, dass man ggf. rasch auf bisher noch nicht absehbare Folgen der Abriegelung der Westbalkanroute reagieren müsse. Nándor Csepreghy, Staatssekretär im Amt des Ministerpräsidenten, erläuterte am Donnerstag im der Opposition nahestehenden Fernsehsender ATV, dass diese Entscheidung auf nicht veröffentlichten Geheimdienstinformationen beruhe – Anm. d. Red.) Bence Pintér räumt ein, dass die Regierung womöglich mehr wisse als die Öffentlichkeit und deshalb zur Verstärkung der Grenzen berechtigt sei. Und selbst falls der Fidesz versuchen sollte, den Notstand für politische Zwecke zu nutzen, wäre dies dem Autor ebenfalls egal. Allerdings schieße die Ankündigung über das von dieser Parlamentsmehrheit beschlossene Gesetzt hinaus, urteilt Pintér.

Magyar Idők wiederum verweist auf Experten, die die neu verkündeten Maßnahmen für zeitgerecht und notwendig halten. Eine Analyse der Denkfabrik Alapjogokért (Für Grundrechte) bezeichnet es als absolut plausibel, dass die in Griechenland festsitzenden Migranten neue Routen finden würden, um nach Mitteleuropa zu gelangen, und dass Ungarns Grenzen durchaus von Massen an Neuankömmlingen bestürmt werden könnten. Die Analysten zitieren das Gesetz, wonach es erlaubt sei, den speziellen „Migrationsnotstand“ auszurufen, wann immer „migrationsbezogene Ereignisse eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit“ darstellten. Demnach seien die von der Regierung ergriffenen Maßnahmen von Rechts wegen gerechtfertigt, heißt es abschließend.