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George Soros spaltet die Gemüter

6. Jun. 2016

Konservative Kolumnisten pflichten dem Kabinett in seiner Kritik bei, wonach George Soros und sein Netzwerk die Regierung unter Druck setzten. Ein liberaler und ein politisch in der Mitte angesiedelter Analyst wiederum werfen den Regierenden vor, sie würden Hass schüren und Verschwörungstheorien ersinnen.

In der zurückliegenden Woche hatten verschiedene prominente Regierungsvertreter, darunter Außenminister Péter Szijjártó sowie der für das Amt des Regierungschefs zuständige Minister János Lázár, George Soros vorgeworfen, er würde die Tätigkeit der Opposition in Ungarn inszenieren. In seinem vierzehntäglichen Rundfunkinterview äußerte Ministerpräsident Viktor Orbán, Soros unterstütze zwecks Förderung von Migrationsbewegungen regierungskritische Organisationen.

In Magyar Idők wirft Dávid Deák der Linken vor, sie würde die Macht und die Gefahr des Soros-Netzwerkes herunterzuspielen versuchen. Der regierungsfreundliche Kommentator vermutet, dass ein geheimes globales Netz von mit Soros verbundenen Organisationen Macht ausüben und europaweit einzelne Regierungen schwächen wolle. Deák erinnert daran, dass in einigen Ländern von Soros unterstützte zivilgesellschaftliche Organisationen als Gefahr für die nationale Sicherheit eingestuft worden seien. Eine der wichtigsten Waffen der Soros-finanzierten Gruppierungen bestehe darin, Regierungen mit Korruptionsvorwürfen zu überziehen sowie regierungskritische Demonstrationen zu organisieren. Eine andere Taktik bestehe darin, so Deák, Migrationsbewegungen Richtung Europa mit Hilfe von zivilgesellschaftlichen Gruppierungen sowie internationalen Organisationen zum Zwecke der Schwächung von Nationalstaaten zu fördern. Angesichts all dieser Umstände sei es keine Übertreibung zu behaupten, dass das Soros-Netzwerk die ungarische Regierung unter einen enormen Druck setze, schlussfolgert Deák.

Mária Vásárhelyi greift ein beliebtes Thema linker Kreise auf, wonach verschiedene Regierungspolitiker, darunter auch Ministerpräsident Orbán persönlich, Gelder vom ungarisch-amerikanischen Philanthropen erhalten hätten, um im Ausland studieren zu können. In 168 Óra äußert die Autorin die Vermutung, dass die Regierenden deswegen eine Abneigung gegen Soros hegten, weil er Initiativen finanziere, deren Hauptanliegen darin bestehe, „einer demokratiefeindlichen Zentralisierung der Macht“ entgegenzuwirken. Da in Ungarn kein starker und unabhängiger Tycoon existiere, seien oppositionelle Gruppen auf ausländische Unterstützung angewiesen. Soros sei dem Gedanken einer offenen Gesellschaft verpflichtet, deswegen unterstütze er regierungskritische Initiativen, erläutert Vásárhelyi. Zwar unterstellt die Autorin der Regierung keine antisemitischen Tendenzen, doch vermerkt sie in einem Nebensatz, dass das Vermögen, die amerikanische Staatsbürgerschaft und seine jüdischen Wurzeln Soros zu einem perfekten Ziel machen würden, um in ihm einen Vertreter „verborgener Hintergrundmächte“ zu sehen. Diese seien ein Kernelement dessen, was Vásárhelyi als paranoide Verschwörungstheorien bezeichnet.

Im Rahmen ihres monatlichen Doppelinterviews mit Heti Válasz betrachten zwei Politologen die Rolle Soros’ aus unterschiedlicher Perspektive. Nach Ansicht von Gábor Török benutzt die Regierung Soros, um das Wahlvolk für das Referendum über verpflichtende Flüchtlingsquoten innerhalb der EU zu mobilisieren. Der Analyst – angesiedelt in der politischen Mitte – geht davon aus, dass George Soros in dieser Hinsicht als „Buhmann“ herhalten und zudem die Aufmerksamkeit von politisch delikaten Themen wie Bildung und Gesundheitswesen ablenken muss. Ágoston Sámuel Mráz dagegen hält Soros tatsächlich für einen wichtigen Machtfaktor. Der dem Regierungslager nahestehende Politologe erinnert daran, dass Soros einer der wichtigsten finanziellen Stützen des Wahlkampfes von Hillary Clinton sei und er als solcher über einigen Einfluss auf die Linke in den USA verfüge. Laut Mráz könnte dies auch die kritischen Bemerkungen Bill Clintons an die Adresse Ungarns erklären (vgl. BudaPost vom 19. Mai).

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