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Folgen der türkisch-russischen Annäherung

11. Aug. 2016

Die Kommentatoren sind geteilter Meinung über die Frage, ob die diplomatische Annäherung zwischen der Türkei und Russland für europäisches Stirnrunzeln sorgen sollte.

Die türkisch-russische Aussöhnung sei eine Herausforderung für Europa, schreibt Péter Bakodi in Magyar Idők. Der regierungsfreundliche Kolumnist hält es für höchst besorgniserregend, dass das Nato-Mitglied Türkei versuche, seine diplomatischen Beziehungen zu Russland enger zu gestalten. Bakodi sieht in der Annexion der Krim ein Anzeichen dafür, dass Russland nach wie vor einen aggressiv-imperialen geopolitischen Weg beschreite. Er betrachtet Moskau sogar als eine unmittelbare Bedrohung für die baltischen Staaten mit ihren beachtlichen russischen Bevölkerungsanteilen. Falls sich die Türkei nicht an den Migrationsdeal mit der EU halten und ihre Grenzen für Massen von Migranten öffnen sollte, könnte sie Europas Sicherheit weiter schwächen. Dennoch wäre es denkbar, dass sich die russisch-türkische Annäherung implizit positiv auf Europa auswirke, könne doch die externe Bedrohung die Geschlossenheit innerhalb der EU stärken, analysiert Bakodi abschließend.

Gábor Miklós hält es für unwahrscheinlich, dass die Türkei und Russland einen strategischen Deal aushandeln könnten, der Europa herausfordern würde. In Népszabadság vergleicht der Analyst aus dem linken Spektrum die türkisch-russische Beziehung mit einer Hassliebe. Während Moskau und Ankara ein gemeinsames Interesse hätten, ihre Handelsbeziehungen wiederaufzunehmen und eine Verhandlungslösung für Syrien zu erreichen, seien beide Länder nach wie vor regionale Konkurrenten, unterstreicht Miklós. Nachdem die EU angesichts der von Präsident Erdoğan angekündigten Säuberungen nach dem gescheiterten Putsch kritische Töne angeschlagen habe, versuche es die türkische Regierung nunmehr eher mit einem Täuschungsmanöver, indem sie die russische Karte zur Erpressung europäischer Staaten und ihrer Nato-Partner ausspiele, statt die geopolitischen Verbindungen zu Russland zu festigen, hält Miklós fest.

Auch Gábor Stier in Magyar Nemzet lässt Befürchtungen nicht gelten, wonach die Türkei ihre Nato- und EU-Partnerschaften durch russische ersetzen wolle. Die ideologischen Übereinstimmungen der beiden autoritären Regimes spielten in den internationalen Beziehungen keine allzu große Rolle, glaubt der konservative Kommentator. Ungeachtet der jüngsten ideologisch gefärbten Kritik und diplomatischer Spannungen liege das Hauptinteresse der Türkei in Europa, so Stier.

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