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Türkeipolitik: Wenig Spielraum für Budapest

27. Aug. 2016

Mit Blick auf offizielle Stellungnahmen zur Lage in der Türkei erklärt ein linksorientierter Kommentator, Ungarn verfüge nur über einen geringen Spielraum bei der Verfolgung eigener Interessen in der komplexen geopolitischen Situation des Nahen Ostens.

Während einer Visite in Ankara erklärte Außenminister Péter Szijjártó am Dienstag, Ungarn unterstütze die Bemühungen von Präsident Erdoğan um Wiederherstellung der Stabilität in der Türkei. Ungarn und Europa benötigten eine starke Türkei, die in der Lage sei, die Migration zu kontrollieren. Und in diesem Sinne, so fuhrt der Gast aus Budapest fort, schade jegliche Destabilisierung dieses Nato-Mitgliedstaates den europäischen Interessen. Szijjártó bezeichnete den Putschversuch gegen Präsident Erdoğan als terroristischen Akt. Ungarn erkenne das Recht der demokratisch gewählten Regierung um Wiederherstellung des Friedens an, so der ungarische Chefdiplomat. Ebenfalls am Dienstag hatte Ministerpräsident Viktor Orbán in einem Interview gegenüber einer brasilianischen Tageszeitung seinerseits erklärt, Ungarn unterstütze die Anstrengungen von Präsident Erdoğan zur Wiederherstellung der Stabilität, fügte allerdings auch hinzu, dass die Europäische Union der Türkei keinen visafreien Reiseverkehr anbieten könne.

Ungarische Diplomaten sowie auch andere Politiker verfolgten voneinander abweichende und komplexe Interessen in der Türkei, konstatiert Gábor Horváth in Népszabadság. Der zum linken Spektrum gehörende Journalist vertritt die Ansicht, dass die symbolische Billigung der Erdoğan’schen Säuberungen durch die Regierung in Budapest kaum den strategischen Interessen Ungarns in der Türkei sowie seiner Nachbarschaft dienlich sein dürfte. Das Hauptaugenmerk Ungarns in der Region sei auf die Konzession der Mineralölgesellschaft MOL in Irakisch-Kurdistan gerichtet. Demzufolge müsse Ungarn gute Beziehungen auch zu den Kurden unterhalten, betont Horváth. Gleichzeitig seien sowohl Ungarn als auch ganz Europa auf die türkische Zusammenarbeit angewiesen, wenn es darum gehe, Migranten aus dem Nahen Osten und Zentralasien vom Kontinent fern zu halten. Innerhalb dieser komplexen geopolitischen Konstellation verfüge Ungarn nur über wenig Ellbogenfreiheit für die Verfolgung seiner eigenen Strategie, schlussfolgert Horváth und rät der Regierung, sich den großen Akteuren – darunter die EU und die USA – anzuschließen.

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