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Oscar für ungarischen Kurzfilm

1. Mar. 2017

Angesichts einer beispiellosen Serie prestigeträchtiger Erfolge für staatlich geförderte ungarische Filme streiten die Kommentatoren über die Frage, ob sich die von der rechtsorientierten Regierung vorgenommenen Reformen im Bereich Filmproduktion als richtig erwiesen haben.

Dem Streifen „Sing“ (Mindenki) von Kristóf Deák wurde in der Nacht zu Montag der Oscar in der Kategorie Bester Kurzfilm zuerkannt. Kurz zuvor hatte sich „Körper und Seele“ (Testről és lélekről) von Regisseurin Ildikó Enyedi den Goldenen Bären des Berliner Filmfestivals gesichert, während „Son of Saul” (Saul fia, Regie: László Jeles Nemes) im vergangenen Jahr den Academy Award als bester fremdsprachiger Film gewinnen konnte.

In Magyar Idők erinnert Ottó Gajdics die „Apostel der Negation“ an eine ihrer Prognosen. (Kritiker hatten den Untergang der Kinematographie in Ungarn vorhergesagt, nachdem die amtierende Regierung die bis dato gültigen Förderstrukturen abgeschafft und den ungarisch-amerikanischen Produzenten Andy Vajna zum Regierungsbeauftragten für die Filmindustrie ernannt hatte – Anm. d. Red.). Zwei Oscars und ein Goldener Bär seien die durchschlagende Antwort auf ihre Negativhaltung, frohlockt der Chefredakteur der regierungsnahen Tageszeitung.

Géza Csákvári verweist darauf, dass „Sing“ nicht von Vajnas Nationalem Filmfonds, sondern vom Nationalen Medienrat gefördert worden sei, denn Kurzfilme würden hauptsächlich für eine Ausstrahlung im Fernsehen vorgesehen und der Medienrat sei die oberste die TV-Industrie regulierende Behörde. In seinem Artikel für Népszava geht es dem Autor aber vor allem um das vermeintliche Schicksal von „Sing“ nach einer Ausstrahlung im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, das Csákvári mit „totaler Vergessenheit“ beschreibt. Dass dies nicht geschehen sei, habe man dem Regisseur und seinem Produzenten zu verdanken, die die Presse persönlich auf ihren Film aufmerksam gemacht und ihn zur Aufführung bei mehreren internationalen Festivals eingereicht hätten. Nach der Verleihung des ersten Preises beim Filmfestival von Tokio sei ihnen die Nominierung für den diesjährigen Oscar geglückt, unterstreicht Csákvári.

In Magyar Hírlap lobt Pál Dippold Regisseur Kristóf Deák, der in seiner Dankesrede anerkennend von einer Wiederbelebung der ungarischen Filmindustrie gesprochen habe. Dippold stellt diese Haltung derjenigen von Ildikó Enyedi gegenüber. (Enyedi hatte nach dem Gewinn des Goldenen Bären für ihr vom Nationalen Filmfonds gefördertes Liebesdrama in einem deutschen Rundfunkinterview unter anderem geäußert, sie würde gerne stolz auf ihr Land sein, doch sei das, was dort gerade passiere, eine Schande – Anm. d. Red.) Wie dem auch sei, der Erfolg von „Sing“ gebe allen Ungarn eine Möglichkeit zur Freude, ungeachtet ihrer Meinungsverschiedenheiten über Geschmack und Politik, resümiert Dippold.

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