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Europaparlament: (fast) alle gegen Orbán

28. Apr. 2017

Während Ministerpräsident Viktor Orbán seine Politik gegen massive Kritik seitens der EU-Kommission und aus dem Europaparlament verteidigte, machte eine Rechtsexpertin darauf aufmerksam, dass das von Brüssel gegen Budapest angestrengte Vertragsverletzungsverfahren auf tönernen Füßen stehe.

Ministerpräsident Orbán verteidigte am Mittwoch in einer Rede vor dem Europaparlament seine Regierung gegen heftige Kritik des stellvertretenden Kommissionspräsidenten Frans Timmermans, der zuvor ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn wegen des kürzlich erlassenen Hochschulgesetzes angekündigt und zudem den Vorwurf erhoben hatte, dass die im Rahmen der gegenwärtig stattfindenden nationalen Konsultation gestellten Fragen Unwahrheiten über die Absichten der Kommission beinhalteten. Des Weiteren monierte Timmermans auch die ungarische Weigerung, „seinen Anteil an Flüchtlingen“ aufzunehmen. Orbán erwiderte, das Hochschulgesetz habe das Ziel, einer von einem Finanzspekulanten (sprich: George Soros) gegründeten Universität ihre einseitigen Privilegien zu entziehen. Fragen der Immigration wiederum fielen gemäß des Unionsvertrages in die nationale Entscheidungshoheit, unterstrich Orbán.

Auf Mandiner bezweifelt Bea Bakó, dass das Vertragsverletzungsverfahren gegen die ungarische Regierung im Zusammenhang mit dem neuen Hochschulgesetz (und damit der Central European University) auf einer soliden Grundlage beruhe. Bakó – aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken selbst eine vehemente Gegnerin des Gesetzes – hält das von der Kommission gewählte Prozedere dennoch für unzureichend fundiert. So argumentiere die Kommission faktisch, dass das neue Gesetz gegen EU-Regeln zur grenzüberschreitenden Dienstleistungsfreiheit verstoße.
Die Autorin sieht nun das Problem darin, dass im konkreten Fall der Dienstleister eine amerikanische Universität sei, deren Stellung per definitionem nicht durch EU-Richtlinien festgelegt werde. Vielmehr würden die Bestimmungen der Welthandelsorganisation (WTO) eine diskriminierende Behandlung einheimischer beziehungsweise internationaler Anbieter verhindern, so ein von Bakó zu der Angelegenheit befragter namentlich nicht genannter EU-Offizieller. „Das mag so sein“, bestätigt die Rechtsexpertin. Allerdings verfüge die WTO über ihre eigenen Mechanismen der Beilegung von Konflikten. Und in einen freundlichen Hinweis verpackt äußert Bakó ihr Befremden darüber, dass sich die Kommission Kompetenzen hinsichtlich der Befolgung von WTO-Regularien anmaße.

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