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US-Außenministerium kritisiert CEU-Gesetz

3. Apr. 2017

Eine Stellungnahme aus dem US-Außenministerium hat zusätzliches Öl in die ohnehin schon hitzige Debatte über die Zukunft der in der ungarischen Hauptstadt ansässigen Central European University (CEU) gegossen. Während die eine Seite die geplante Gesetzesnovelle verurteilt, tut die andere Seite den sich entfaltenden Proteststurm als reine Hysterie ab.

In einer offiziellen Stellungnahme hat der amtierende Sprecher des Außenministeriums Mark Toner, die ungarische Regierung aufgefordert, auf eine geplante Gesetzesinitiative zu verzichten. Die Novelle hätte zur Folge, dass die von George Soros gegründete Central European University – falls überhaupt – nur unter großen Schwierigkeiten ihren Betrieb in Budapest würde aufrechterhalten können (vgl. BudaPost im Laufe der vergangenen Woche). In einer unmittelbaren Antwort auf die Stellungnahme Toners äußerte sich der ungarische Regierungssprecher Zoltán Kovács „überrascht“ über „faktische Irrtümer“, die das Dokument des US-Außenministeriums beinhalte. Kovács stellt klar, dass seine Regierung „zu Gesprächen mit der Regierung der Vereinigten Staaten über die Universität von George Soros in Ungarn“ bereit sei. Unterdessen hat Ministerpräsident Viktor Orbán in seinem vierzehntäglichen Frühinterview mit Magyar Rádió die Auffassung vertreten, die CEU komme im Vergleich zu einheimischen Universitäten in den Genuss unlauterer Vorteile. „Das Spielfeld sollte für alle Beteiligten gleich beschaffen sein“, argumentierte Orbán.

Auf Mandiner äußert András Stumpf die Befürchtung, dass die von der Regierung geplante Maßnahme ähnliche Schritte rumänischer Nationalisten zur Folge hätte, die die Existenz ungarischer Universitäten in Rumänien ablehnten. Der ehemalige rumänische Ministerpräsident und starke Mann der regierenden Sozialistischen Partei, Victor Ponta, habe ihn, Stumpf, mit einem Eintrag auf seiner Facebook-Seite kaum überrascht. Darin schreibt Ponta, dass die ungarischen Vorschriften über ausländische Universitäten nicht kurzerhand vom Tisch gefegt werden sollten. Es sei von Anfang an klar gewesen, so Stumpf weiter, dass sich Nationalisten in den benachbarten Ländern die Idee zu eigen machen würden, um ihre gegen Ungarn gerichtete Agenda voranzutreiben.
Da es sich bei praktisch allen rumänischen Spitzenpolitikern um Nationalisten handele, sei einzig zu klären gewesen, wer sich als Erster melden würde. Ponta habe den Wettbewerb gewonnen, notiert Stumpf bitter. „Niemand soll sich täuschen: Der Soros Rumäniens – das sind wir Ungarn.“ Für den Autor ist das geplante Gesetz ein Hinweis darauf, dass ausländische Universitäten als nationales Sicherheitsrisiko betrachtet würden. Was könnte nun Ungarn zur Verteidigung ungarischer Unis in den Nachbarländern unternehmen, sollten sie von den örtlichen Behörden in ähnlichem Licht gesehen werden?
Ungarn lege sich mächtig ins Zeug, wenn es um die Unterstützung und Finanzierung aller möglichen ungarischen Initiativen in Siebenbürgen gehe, angefangen im Bereich Bildung bis hin zu verschiedenen Wirtschaftsprojekten, konstatiert Stumpf, der das dem Parlament zur Lesung in dieser Woche vorgelegte Gesetz im Übrigen für empörend hält. Doch damit nicht genug, es füge auch noch den naheliegenden nationalen Interessen Ungarns Schaden zu.

In einer vom Massenblatt Blikk veranstalteten Diskussionsrunde bezeichnete der regierungsnahe politische Analyst Ágoston Sámuel Mráz den Streit um die CEU als politische Hysterie, die von der Linken ausgeschlachtet werde, um ihr Ansehen zu verbessern. Angestoßen wurde das Thema durch einen Beitrag des Korrespondenten von Mandiner, der auf seinem Portal den Politologen Zoltán Czeglédi mit den Worten zitiert, die Absicht der Regierung sei ein Anschlag auf „eine Soros-Bastion“, die liberale Werte verbreite. Czeglédi appellierte an sämtliche Oppositionskräfte, sich auf ihre eigenen ideologischen Quellen zu besinnen (also sollten sich beispielsweise die Sozialisten keinesfalls den Liberalismus-Libertarismus zu eigen machen – Anm. d. Red.).
Mráz dagegen vertrat in der Runde die Ansicht, dass die CEU nichts zu befürchten habe, falls sich die Regierung weiterhin dem Grundgesetz verpflichtet fühlen sollte, (das das Prinzip der Freiheit im Bereich der Bildung festschreibe). In seinen Augen bringt die Stellungnahme des Außenministeriums die Bereitschaft Washingtons zum Ausdruck, das vom neuen Gesetz vorgeschriebene Abkommen zu unterzeichnen. Folglich sei die ganze Angelegenheit „gar kein Thema“.
Ein dritter Politologe pflichtet Mráz bei und hält die ganze Aufregung um die CEU ebenfalls für politische Hysterie. Allerdings betrachtet Gábor Török das Spiel als den Versuch, Politikmodelle des Fidesz zu befördern. Die Fidesz-Strategie bestehe darin, der Öffentlichkeit klarzumachen, die Partei schütze sie vor ausländischem Druck. Insofern komme die vorhersehbare Reaktion des Auslands ganz gelegen, damit die Regierungspartei einmal mehr aufzeigen könne, wie sie internationalem Druck widerstehe. „Sollte sich der Skandal bis zu den nächsten Wahlen hinziehen, wird er die Chancen des Fidesz nur zusätzlich verbessern“, ist sich Török sicher.

Auf Mozgástér erläutert Zoltán Kiszelly, weshalb regierungsnahe Kreise im Netz von durch Soros finanzierten Organisationen eine Bedrohung ausmachen. Kiszelly beschreibt die „Soros-Galaxis“ als eine „lautstarke Minderheit“ verkörpert durch „so genannte NGOs, vermeintlich wissenschaftliche Launen und in Gewalt ausartende Demonstrationen“. Sie hätten sich in der Zeit des Machtvakuums Anfang der 1990er Jahre in Osteuropa festgesetzt. Nunmehr jedoch, so fährt Kiszelly fort, würden immer mehr Menschen „den Milliardär und seine Interessenkreise“, namentlich in den USA, Mazedonien und Ungarn, aufhalten wollen. Kiszelly erinnert daran, dass die CEU aus der Tschechoslowakei – ihrem ursprünglichen Gründungsland – „hinauskomplimentiert“ und erst 1993 nach Budapest umgesiedelt worden sei.
Der Autor führt den systematischen Einsatz von durch Soros finanzierten Organisationen für afrikanische und asiatische Migranten sowie die Idee des Milliardärs, jährlich Hunderttausende Einwanderer nach Europa zu importieren, als einen Beleg dafür an, dass ungeachtet ihrer Behauptung, unpolitisch zu sein, diese Stiftungen einem sozialen Transformationsprojekt dienen würden. Der regierungsnahe Analyst borgt sich den Namen einer in Mazedonien gegründeten Bewegung aus – „SOS, Stop Operation Soros“ – und nutzt ihn als Überschrift und Fazit seines Artikels.

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