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Debatte zum „Taygetos-Gesetz“

9. Jun. 2017

Nachdem Vertreter der linken Opposition der Regierung „Bildungs-Eugenik“ vorgeworfen haben, streiten Kommentatoren über den Sinn einer dieser Tage erlassenen Ergänzung zum Bildungsgesetz.

In Népszava wiederholt der Psychologe Dániel Juhász seine massive Kritik an der Gesetzesnovelle, laut der Kinder mit leichten Entwicklungsstörungen künftig am Unterricht in Fächern teilnehmen müssen, deren Inhalte ihnen Verständnisprobleme bereiten. In einem an die zuständigen Behörden gerichteten Brief nennt Juhász die am Dienstag vom Parlament verabschiedete Gesetzesänderung „Taygetos-Gesetz“. (Dieser Bezeichnung hatte sich auch die Linksopposition in ihrer Kritik an der Gesetzesinitiative immer wieder bedient. Laut griechischer Mythologie soll das Taygetos-Gebirge als Todesstätte für schwache oder missgestaltete Kinder aus Sparta gedient haben: Die Väter von mit Mängeln geborenen Kindern mussten diese in eine Felsspalte des Bergmassivs stürzen. Juhász war bereits früher heftig für seine Behauptung kritisiert worden, dass Schüler mit Lernproblemen in bestimmten Bereichen nunmehr regelkonform bloßgestellt und damit traumatisiert würden. Dabei bezieht sich das Gesetz gar nicht, wie von Juhász behauptet, auf schwere Fälle von Legasthenie oder Rechenschwäche – Anm. d. Red.) In der linksorientierten Tageszeitung spricht sich Juhász nun dafür aus, dass Psychologen in individuellen Fällen darüber entscheiden, ob Kinder mit Entwicklungsstörungen zum Besuch bestimmter Fächer verpflichtet werden sollten.

Éva Bonczidai, Lehrerin für Kunsterziehung, beteiligt sich in Magyar Idők an der Diskussion und verweist darauf, dass laut dem neuen Gesetz die Verantwortung in diesen Fragen faktisch Psychologen zugewiesen würde. Sollten sie eine Störung als schwerwiegend beurteilen, würden sie die Schüler von der Teilnahme an bestimmten Fächern befreien. Bei Lernschwäche wiederum sei Ausschluss die falsche Lösung, glaubt die Pädagogin. Eine spezielle Betreuung solle zum Überwinden bestimmter Probleme beitragen, statt zu kapitulieren. Nach Ansicht Bonczidais zielt das Gesetz darauf ab, Kindern mit leichteren Fällen von Entwicklungsstörungen zu helfen, statt sie vom Berg Taygetos zu werfen.

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