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Orbán drückt Merkel die Daumen

23. Sep. 2017

Vertreter sowohl des linken als auch des rechten Spektrums sind sich sicher, dass Kanzlerin Angela Merkel am Sonntag von den deutschen Wählern an der Macht bestätigt wird. Ebenso stimmen sie darin überein, dass der Aufstieg der AfD einen erheblichen Einfluss auf die politische Landschaft Deutschlands ausüben dürfte.

In seinem vierzehntäglichen Interview mit Kossuth Rádió erklärte Ministerpräsident Viktor Orbán am Freitag, dass Frau Merkel als Kanzlerin im Hinblick auf Ungarn die mit Abstand beste Wahl darstellen würde. Ihr Rivale, der SPD-Vorsitzende Martin Schulz, bediene sich Ungarn gegenüber einer ungehobelten Sprache, fügte Orbán hinzu.

Es existierten riesige Unterschiede zwischen den politischen Landschaften in Deutschland und Ungarn, erläutert Pál Tamás in Népszava. Alle gemäßigten Parteien würden versprechen, das Land zu modernisieren, während sich in Ungarn die Rechte wie auch die Linke auf die Vergangenheit fokussierten. Ebenso behauptet der Soziologe, dass es in Ungarn keine klare Trennlinie zwischen moderater und rechtsextremer Ideologie gebe, während in Deutschland sowohl die Linke als auch die Rechte versuchen würden, die AfD zu isolieren. Weiter notiert Tamás, dass die deutschen Mainstream-Parteien in der politischen Mitte angesiedelt seien und polarisierende Botschaften vermeiden würden, da die Mittelklasse einen „verbalen Bürgerkrieg“ ablehne. Es werde bei der Wahl zu keinen großen Überraschungen kommen. Trotzdem dürfte sich die politische Landschaft verändern, denn die AfD werde in den Bundestag einziehen. Tamás erklärt dies mit der Entscheidung der beiden größten Parteien, das Thema Immigration nicht politisch auszuschlachten. Zugleich fragt er sich, wie Kanzlerin Merkel es schaffen werde, ihr vom Kurs der Mitte geprägtes Image sowie den Sicherheitsabstand zwischen der moderaten und der extremen Rechten aufrechtzuerhalten.

Die Bundestagswahl scheine die deutschen Wähler offenbar nicht besonders vom Hocker zu reißen, beobachtet Sándor Faggyas. In Magyar Hírlap erklärt der regierungsnahe Kommentator den ruhigen und unaufgeregten Wahlkampf mit dem Unvermögen der Mainstream-Parteien, von den Wählern für wirklich entscheidend gehaltene Themen anzusprechen. Vor allem würden Linke und Rechte die sensible Frage der Einwanderung umschiffen und unisono jeden Politiker in die radikale und fremdenfeindliche Ecke stellen, der Merkels Migrationspolitik herausfordere. Ein anderes wichtiges Element der „in Deutschland herrschenden politischen Apathie“ sei ein generelles Misstrauen gegenüber den Mainstream-Medien, die die einvernehmliche „manipulative Propaganda“ der beiden Volksparteien zugunsten der Migration ausposaunen würden. Solange Deutschland floriere, werden sich die Wähler kaum gegen Kanzlerin Merkel stellen, „wenn auch eine zunehmende Anzahl von Durchschnittswählern eher mit Viktor Orbáns Migrationspolitik übereinstimmt als mit der des Duos Merkel/Schulz“. Zum Regieren werde Merkel Koalitionspartner brauchen, sagt Faggyas voraus, und die AfD, „die echte Alternative zum selbstgefälligen und dummen deutschen Mainstream“, werde als Drittplatzierte ins Ziel einlaufen. Für Ungarn wäre das beste, wenngleich unwahrscheinliche Ergebnis, sollten Parteien gewinnen, „die ein europäisches, christliches und deutsches Deutschland verteidigen möchten“, so Faggyas abschließend.

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