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Erneuter Antisemitismusvorwurf gegen den Fidesz

20. Apr. 2018

Während die ungarische Regierung ihre Verpflichtung betont, Antisemitismus sowie andere Formen des Rassismus zu bekämpfen, werfen westeuropäische Intellektuelle dem Fidesz genau dies vor.

Am Montag wurde in Ungarn an die Opfer des Holocaust erinnert. Aus diesem Anlass gaben die Regierung und der Fidesz eine gemeinsame Pressemitteilung heraus. In ihr wird die Entschlossenheit der ungarischen Regierung erklärt, alle religiösen und ethnischen Minderheiten zu verteidigen und auch jeder Form von Rassismus und Antisemitismus entgegenzutreten. Niemand habe Diskriminierung oder Gewalt aus religiösen oder ethnischen Gründen zu befürchten, dagegen nähmen Antisemitismus und religiöse Intoleranz in den die Einwanderung fördernden Staaten Westeuropas zu, heißt es in der Mitteilung weiter.
Tags darauf forderten zweihundert westliche Intellektuelle in einem in Politico veröffentlichten offenen Brief die deutsche Kanzlerin Angela Merkel dazu auf, sie möge sich von der ungarischen Regierung distanzieren. Zudem verlangen die Unterzeichner den Ausschluss des Fidesz aus der Europäischen Volkspartei. Unter anderem werfen sie der Regierung in Budapest eine Aushöhlung der Demokratie vor. Auch Antisemitismus gehört zu den in dem Brief erhobenen Anschuldigungen.

Miklós Hargitai von der Tageszeitung Népszava bezeichnet die Erklärung der ungarischen Regierung zum Holocaust-Gedenktag als selbstgefällig. Der linke Kolumnist behauptet, die Anti-Soros-Kampagne des Fidesz laufe auf „verdeckten Antisemitismus“ hinaus. Auch die gegen Einwanderer und Muslime gerichteten Parolen der Regierung verstießen gegen den in der Fidesz-Erklärung erwähnten Geist religiöser Toleranz. Abschließend macht Hargitai den Fidesz für einen zunehmenden Antisemitismus in Ungarn verantwortlich.

Mariann Őry dagegen hält die Antisemitismusvorwürfe Richtung Fidesz für absurd. In Magyar Hírlap weist die regierungsfreundliche Kolumnistin darauf hin, dass in Europa eintreffende muslimische Migranten tatsächlich antisemitischer eingestellt seien als die europäische Mehrheitsbevölkerung. In den meisten betroffenen Staaten habe antisemitische Gewalt zugenommen. Vor diesem Hintergrund sei es doch eigenartig, dass sich westliche Intellektuelle über Antisemitismus in Ungarn Sorgen machen würden, wundert sich Őry und ergänzt: Die auf George Soros abzielende Kampagne des Fidesz habe weder etwas mit seiner Abstammung noch mit seiner Religion zu tun. Vielmehr richte sie sich gegen seine Bemühungen um Schwächung der nationalen Souveränität.

In der regierungsnahen Magyar Idők erinnert Levente Sitkei daran, dass Soros während der letzten drei Jahrzehnte in vielen Ländern – angefangen bei Großbritannien bis hin zu Malaysia – heftig kritisiert worden sei, ohne den Kritikern Antisemitismus vorzuwerfen. Der Kommentator nennt die aktuellen Antisemitismusvorwürfe an die Adresse der ungarischen Regierung „eine bewusste Verzerrung der Tatsachen und ein beschämendes politisches Manöver“.

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