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Parlament nimmt Gesetz zur Überstundenarbeit an

14. Dec. 2018

Nach den Demonstrationen vom Mittwoch im Anschluss an die Abstimmung zur Überstundenarbeit werfen regierungsnahe Kommentatoren der Opposition die Verletzung demokratischer Normen vor, während ein linker sowie ein liberaler Kolumnist der Meinung sind, dass die Opposition nicht rechtskonforme Schritte unternehmen sollte, um die Regierung herauszufordern.

Am Mittwoch hat das Parlament das Gesetz zur Überstundenarbeit verabschiedet (vgl. BudaPost vom 3. und 7. Dezember). Die Opposition macht geltend, das von ihr als „Sklavengesetz“ bezeichnete Regelwerk erlaube es Arbeitgebern, ihre Angestellten zur Ableistung quälender Überstunden zu zwingen. In der Lesart der Regierung eröffnet das Gesetz den Mitarbeitern die Möglichkeit, mehr zu arbeiten und mehr zu verdienen. Allerdings seien die Überstunden vom Einverständnis des betreffenden Personals abhängig. Abgeordnete der Opposition versuchten die Abstimmung im Parlament durch eine Besetzung des Plenarsaals zu verhindern. Nach der Abstimmung blockierten mehrere hundert Protestierende den Budapester Innenstadtverkehr. Um die wütenden Demonstranten zu stoppen, setzte die Polizei vor dem Parlament Tränengas ein. Fünf Polizisten sollen Berichten zufolge kleinere Verletzungen erlitten haben. 34 Demonstrierende wurden in Gewahrsam genommen.

In Magyar Idők wirft Gábor Bencsik der Opposition skrupellosen politischen Opportunismus vor. Parlamentsabgeordnete der Opposition hätten Lügen verbreitet, um ihre Unterstützer zu mobilisieren, meint der regierungsnahe Autor. Zudem unterstreicht er, dass die Behörden trotz der Provokationen von oppositionellen Demonstrierenden keine Gewalt gegen diese angewendet hätten.

Károly Bán von Magyar Hírlap findet es eigenartig, dass die Opposition nach ihrer Kritik an den harten Maßnahmen der Regierung gegen multinationale Unternehmen ihr nunmehr vorwerfe, die Interessen ungarischer Arbeitnehmer ökonomischen Erwägungen zu opfern. Auch glaubt der regierungsfreundliche Kolumnist, dass die Opposition versuche, durch eine Revolution zurück an die Macht zu kommen, da ihr dies durch erfolgreiche Wahlen nicht gelänge.

Auf Pesti Srácok wirft Tamás Pilhál Oppositionsabgeordneten vor, sie griffen auf Gewalt zurück, um das Parlament lahmzulegen. Der regierungsnahe Kommentator regt sogar an, dass Oppositionsabgeordneten ihre Zugangsausweise zum Parlament  abgenommen und sie zu „fünf Jahren Kommunalarbeit“ verdonnert werden sollten.

Zoltán Gábor Szűcs hingegen preist auf Mérce die Bemühungen der Opposition und führt ein Zitat von US-Präsident Thomas Jefferson an: „Der Baum der Freiheit muss von Zeit zu Zeit mit dem Blut der Patrioten und der Tyrannen begossen werden.“ Der Politikwissenschaftler aus dem linken Spektrum zeigt sich erfreut darüber, dass die Opposition endlich einmal im Einklang mit den Prinzipien von „Ehrlichkeit, Integrität und Verlässlichkeit“ agiert habe und ruft sie dazu auf, die „undemokratische Regierung“ zu bekämpfen, selbst wenn ein Sieg unwahrscheinlich sei.

Ohne außergewöhnliche Maßnahmen zu ergreifen, habe die Opposition keine Chance, den Fidesz aus der Regierung zu vertreiben, schwant es Tamás Gomperz von Heti Világgazdaság. Die Orbán-Regierung könne nicht auf demokratischem Wege ersetzt werden, glaubt der liberale Analyst. Daher habe die Opposition keine Wahl, als auf Maßnahmen zurückzugreifen, die nicht unbedingt mit dem Gesetz in Einklang stehen könnten.

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