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Zwei Analysten der politischen Mitte zum Szájer-Skandal

5. Dec. 2020

Nachdem Ministerpräsident Viktor Orbán seinen langjährigen politischen Weggefährten wegen dessen Beteiligung an einer Männersex-Party in Brüssel verurteilt hat, glaubt ein Analyst, dass der Skandal an der ungarischen Politik nichts ändern werde. Ein Kollege ist sich diesbezüglich nicht so sicher.

Der einflussreiche ungarische Europaparlamentsabgeordnete József Szájer hat sein Mandat niedergelegt, ist aus dem Fidesz ausgetreten und hat sich auch aus dem Vorstand einer Stiftung zurückgezogen, deren angesehenes Mitglied der Politiker bisher gewesen war. Hintergrund: Szájer war am vergangenen Wochenende mit verbotenen Drogen in seiner Tasche auf einer illegalen Männersex-Partei erwischt und kurzzeitig festgenommen worden (siehe BudaPost vom 3. Dezember). Ministerpräsident Orbán erklärte dazu gegenüber der Tageszeitung Magyar Nemzet, er werde nie die politische Vergangenheit Szájers vergessen, „doch ist das, was er getan hat, in unserer Gemeinschaft inakzeptabel und nicht zu rechtfertigen“.

Der dröhnende Absturz einer politischen Ikone werde keine langfristigen politischen Auswirkungen auf die Zukunft Ungarns haben, ist sich Gábor Kardos sicher. Unter normalen Umständen, so der Autor auf Azonnali, sollte die Regierung mit ihm fallen – nicht jedoch in Ungarn, wo es „an der kritischen Masse selbstbewusster Bürger“ fehle. Bürger also, die bereit seien, für ihre Rechte einzutreten. Schließlich sei nicht einmal das kommunistische Regime von den Bürgern gestürzt worden, sondern aufgrund der Implosion der Sowjetunion zusammengebrochen, erinnert Kardos.

In einem Beitrag für das Nachrichtenportal Index ordnet Gábor Török den jüngsten Skandal in eine Reihe verschiedener Vorfälle ein, bei denen sich Ausschweifungen zugetragen oder Familienangehörige einflussreicher Personen bereichert hätten, ohne bislang wirklich negativ auf die Beliebtheit des Fidesz durchzuschlagen. Obwohl vielen Fidesz-Anhängern solche Fälle unangenehm seien, so Török weiter, verträten sie die Ansicht, dass der Ministerpräsident über diesen unanständigen Vorkommnissen stehe. Nach dem, was Szájer in der belgischen Hauptstadt passiert sei, dürfte es den legendären Fidesz-Spindoktoren jedoch schwer fallen, den Widerstand der Regierung gegen negative Impulse aus Brüssel öffentlich zu verkaufen oder sich auf die neue Verfassung zu berufen – die Szájer ja persönlich geschrieben habe. Das Schicksal der Wahl 2022 sei noch nicht besiegelt, resümiert Török abschließend.

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