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Viktor Orbán zieht gegen Jean-Claude Juncker den Kürzeren

30. Jun. 2014

Nach Einschätzung einer linken Tageszeitung könnten Cameron und Orbán nicht begreifen, wie die Union funktioniere. Ihr Widerstand gegen Juncker habe ihnen nichts eingebracht, doch während Großbritannien für Angela Merkel nach wie vor ein wichtiger Partner bleibe, könne Ungarn kaum eine solche Aufmerksamkeit erwarten. Eine regierungsfreundliche Tageszeitung erörtert die innenpolitischen Motive hinter der Haltung Camerons und meint, selbst in der Niederlage habe er in der heimischen Arena einen Sieg errungen. Gleiches lasse sich von Viktor Orbán behaupten, der an seinem „Freiheitskampf“ festhalten müsse, um bei den Fidesz-Anhängern keinen Gesichtsverlust zu riskieren.

David Cameron und Viktor Orbán verstünden nicht, dass man mit „Erpressung und Eingeschnapptsein“ nichts erreichen könne, wenn 28 Mitgliedsländer eine gemeinsame Entscheidung treffen müssten, schreibt Balázs Pócs in Népszabadság. „Bis zum Äußersten gekämpft zu haben“, ist für Pócs ein ziemlich mickriger Trost. Seiner Ansicht nach liege das Problem nicht im Scheitern an sich, sondern im Schaden, den es den Einwohnern der jeweiligen Länder zufügen könnte. Cameron und Orbán hätten mehr als den Kampf um Juncker verloren: Ab jetzt gelten sie als „Unruhestifter“. Und während sich Cameron gewisse Auseinandersetzungen mit der EU leisten könne und von Angela Merkel als wichtiger Partner betrachtet werde, den man zu besänftigen habe, könne Ungarn eine solche Rücksicht nicht erwarten, meint der Autor.

In Magyar Nemzet dagegen besteht István Pataky darauf, dass sowohl Cameron als auch Orbán wichtigen Nutzen aus der Angelegenheit hätten ziehen können. Berlin und Paris suchten sich nach wie vor eher mittelmäßige Spitzenpolitiker aus, sodass sie die wichtigen Fragen unter sich entscheiden könnten. Juncker passe hervorragend in dieses Profil. Cameron habe für das heimische Publikum eine aktivere Figur darstellen müssen, nachdem UKIP die britischen Europawahlen gewonnen habe. Laut den Umfragen sei es ihm gelungen, die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass er gut gegen den Strom geschwommen sei. Viktor Orbán befinde sich in einer in etwa vergleichbaren Lage, meint Pataky, obgleich Jobbik eine erheblich geringere Gefahr darstelle als UKIP in Großbritannien. Die Ungarn „betrachten die EU skeptisch, um es vorsichtig zu formulieren“, stellt der Analyst fest. Orbán hätte bei einer Unterstützung Junckers in den Augen der Fidesz-Wähler an Glaubwürdigkeit eingebüßt, denn der Luxemburger stehe für all das, was Orbán wiederholt in Europa kritisiert habe.

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