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Angeklagte im Rotschlammprozess freigesprochen

1. Feb. 2016

Die wichtigste regierungsfreundliche Tageszeitung ist empört. Anlass ist der Freispruch von Spitzenmanagern des für die Rotschlammkatastrophe des Jahres 2010 verantwortlichen Unternehmens MAL. Ein linker Kommentator dagegen kritisiert die Regierung, da diese das Firmenmanagement für den Industrieunfall mit zehn Todesopfern verantwortlich gemacht hatte.

Das Stadtgericht Veszprém hat am Donnerstag die Spitzenmanager des ungarischen Aluminiumunternehmens MAL von sämtlichen Anklagepunkten erstinstanzlich freigesprochen. Zur Erinnerung: Im Oktober 2010 hatte eine Rotschlammlawine den Tod von zehn Menschen sowie die Zerstörung eines ganzen Dorfes verursacht, nachdem ein in Ajka befindliches Auffangbecken für den bei der MAL-Aluminiumproduktion anfallenden giftigen Schlamm geborsten war. Laut Urteil hätten sich sämtliche leitenden Mitarbeiter der Aluminiumhütte an die einschlägigen Vorschriften gehalten und seien sich keinerlei Gefährdungen bewusst gewesen. Der Staatsanwalt hat mittlerweile Berufung gegen das Urteil eingelegt. 2012 war MAL zu Entschädigungszahlungen an die Opfer der Katastrophe verurteilt worden.

„Es ist eine Schande, dass nach jahrelangen Untersuchungen und Gerichtsverfahren die strafrechtliche Verantwortlichkeit des MAL-Managements nicht hat festgestellt werden können“, schreibt Gyula Haraszti in Magyar Idők. Der regierungsfreundliche Kolumnist wirft Richterin Györgyi Szabó vor, „mitschuldig“ an der durch Fahrlässigkeit verursachten Katastrophe zu sein. Haraszti erinnert daran, dass MAL zu einem ermäßigten Preis privatisiert worden war. Hintergrund sei das Versprechen der Neueigentümer gewesen, Milliardenbeträge in die Verbesserung der Werkstechnologie zu investieren. Hätten sie sich an ihr Versprechen und auch an alle übrigen Vorschriften gehalten, wäre die Katastrophe nicht passiert. Abschließend äußert Haraszti die Hoffnung, dass das Berufungsgericht „Gerechtigkeit wiederherstellen“ und das erstinstanzliche Urteil kassieren werde.

In Népszabadság kritisiert Péter Cseri die Regierung, weil diese dem MAL-Management die strafrechtliche Verantwortung für die Rotschlammkatastrophe zugewiesen hatte. Der linksorientierte Kolumnist zitiert aus der Urteilsbegründung von Richterin Györgyi Szabó. Darin hatte die Juristin festgestellt, dass es sich bei der Schlammlawine nicht um eine Naturkatastrophe, sondern um das Resultat menschlicher Nachlässigkeit gehandelt habe. Allerdings seien die Verantwortlichen nicht unter den Angeklagten zu suchen, sondern unter denjenigen, die das Werk gebaut und vor dessen Privatisierung beaufsichtigt hätten, konstatiert Cseri.

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