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Regierung: Anti-Terror-Gesetz wird nicht verhandelt

3. Feb. 2016

Ein anerkannter Politologe hält es für unwahrscheinlich, dass das geplante Anti-Terror-Gesetz verabschiedet werden wird. Demzufolge sei es lediglich Teil einer PR-Kampagne. Ein regierungsfreundlicher Autor dagegen ist überzeugt, dass sich die aktuellen Gesetze im Falle einer echten Terrorgefahr als unzureichend erweisen dürften.

Nach Angaben eines Regierungssprechers wird der Verfassungsänderungsentwurf über die Ausrufung eines besonderen Terrornotstandes dem Parlament in seiner ursprünglichen Fassung vorgelegt werden. Wie der Vertreter des Kabinetts am Samstag mitteilte, habe sich die Regierung nach Prüfung von Einwänden und Gegenvorschlägen der Oppositionsparteien für ein Festhalten am eigenen Gesetzentwurf entschieden (vgl. BudaPost vom 25. Januar).

Der Politikwissenschaftler Gábor Török war sich nach eigenem Bekunden zunächst nicht über die hinter der geplanten Verfassungsänderung steckenden Absichten der Regierung im Klaren. Demnach habe er zwei Vermutungen gehabt: Entweder hätten die Entscheidungsträger ernsthaft darüber nachgedacht, ob Ungarn in seinem verfassungsrechtlichen Arsenal tatsächlich einen derartigen sehr speziellen Notstand bräuchte (erste Option) – oder sie hätten es auf weitere Pluspunkte in ihrem PR-Kampf gegen die Opposition abgesehen (zweite Option). Das Regierungslager hätte lediglich zwei weitere Stimmen der Opposition benötigt, um auf die für Verfassungsänderungen notwendige Zweidrittelmehrheit zu kommen. Zwei Parteien, so Török auf seiner Facebookseite, seien zur Aushandlung eines entsprechenden Kompromisses bereit gewesen, nämlich Jobbik und die LMP. Ja, ein solcher Kompromiss wäre vielleicht „mit lediglich ganz geringen Anstrengungen zu erreichen gewesen“. Wenn nun die Regierung beschlossen habe, den Änderungsentwurf ohne eine solche vorhergehende Übereinkunft dem Parlament zuzuleiten, dann, so konstatiert der Analyst, bleibe lediglich die zweite Option zur Beantwortung der Frage nach den Absichten.

Auf Mozgástér nimmt Miklós Szánthó die von der Verfassung für den Fall eines Notstandes vorgesehenen Bestimmungen unter die Lupe und kommt zu dem Schluss, dass keine von ihnen einer typischen Terrorgefahr gerecht werden würde. Krieg, Aufstand, Bürgerkrieg, Gefahr einer ausländischen Aggression, Natur- und Industriekatastrophen – alles würde vom Gesetz angemessen berücksichtigt. Eine Terrorgefahr hingegen sei etwas anderes. Und im Falle, dass sich Ungarn eines Tages einer solchen Gefahr gegenüber sehen sollte, bliebe keine Zeit für eine Debatte darüber, ob die bestehenden Vorschriften angewandt werden könnten, argumentiert Szánthó.
Im Folgenden fasst der Autor die Argumente gegen die geplante Verfassungsänderung zusammen und stellt fest, dass sie auf menschenrechtsspezifischen Erwägungen basierten. Derartige Argumente, so Szánthó, seien auch gegen die Entscheidung Ungarns zum Bau eines den Migrantenstrom stoppenden Zaunes entlang seiner Südgrenze vorgebracht worden. Nunmehr würden europaweit Zäune errichtet und Migranten an zahlreichen Grenzübergängen zurückgewiesen, konstatiert Szánthó, bevor er die rhetorische Frage stellt: „Wer hatte nun recht?“

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