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Österreich: Kanzler Faymann tritt zurück

11. May. 2016

Nach dem Rücktritt von Regierungschef Werner Faymann machen sich Analysten Gedanken über die Folgen der ersten Runde der österreichischen Präsidentschaftswahlen. Alle stimmen darin überein, dass der Hauptgrund für Faymanns Scheitern in der Migrationskrise zu suchen sei.

„Alles Gute, Herr Faymann!“, ruft Mariann Őry auf Deutsch dem Ex-Kanzler zu. Die Kolumnistin aus dem rechten Spektrum äußert in Magyar Hírlap die Vermutung, dass Faymann zurückgetreten sei, um den weiteren Aufstieg der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) zu stoppen. Das Scheitern Faymanns sei teils auch auf die Haltung des Kanzlers gegenüber der Orbán-Regierung zurückzuführen, unterstreicht Őry. FPÖ-Kandidat Norbert Hofer habe aufgrund seiner Unterstützung des Orbán’schen Grenzzaun-Projekts die erste Runde der Präsidentschaftswahlen gewinnen können. Faymann dagegen sei einer der entschiedensten Kritiker des Zauns gewesen, erinnert Őry.

Österreich habe niemals einen derartig inkompetenten Kanzler wie Faymann gehabt, wettert Levente Sitkei in Magyar Idők. Für den regierungsnahen Kommentator war Faymanns größter Fehler, dass er die von der Migrationswelle ausgehende Gefahr heruntergespielt sowie den Versuch, sie mit Hilfe von Zäunen aufzuhalten, mit dem Nazismus verglichen habe.

Der Rücktritt von Faymann als Kanzler und Parteichef werde die Krise der österreichischen Linken kaum lösen können, schreibt Tamás Rónay in Népszava. Für den Niedergang der Sozialdemokratischen Partei macht er die Wertschätzung des gegen Migranten gerichteten Populismus der FPÖ verantwortlich. Da sich der öffentliche Diskurs in Österreich nach rechts verschoben habe, müsse die Linke laut Rónay eine schwierige Entscheidung treffen: Entweder sie beharre weiter auf linken Idealen und verliere an Macht oder sie schließe sich den Populisten an, um wieder mehr Zustimmung zu finden.

Das Schicksal von Kanzler Faymann und der österreichischen Großen Koalition sei eine Warnung für alle Mainstream-Parteien in Europa, erklärt Áron Kuthi von der Tageszeitung Magyar Nemzet. Die Zusammenarbeit von Mitte-Rechts- und Mitte-Links-Parteien gehe normalerweise in Ordnung, doch scheine in Krisenzeiten eine Konsenspolitik nicht zu funktionieren, hält der konservative Kolumnist fest. Mainstream-Parteien, die nicht fähig seien, die Bedeutung des Themas Migration zu erkennen, hätten in Ungarn kaum Aussichten auf einen Wahlsieg, konstatiert Kuthi. Seiner Ansicht nach ist der Erfolg von Ministerpräsident Orbán in Ungarn auf dessen frühzeitige Einsicht zurückzuführen, dass das Thema Migration thematisiert werden müsse.

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