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Unglaublich: Ungarn schlägt Österreich

16. Jun. 2016

Der Sieg gegen den Favoriten beim ersten Auftritt der ungarischen Nationalmannschaft im Rahmen einer Fußballeuropameisterschaft seit 44 Jahren macht Furore und beherrscht die Schlagzeilen der Presse vom Mittwoch. Zahlreiche Kommentatoren befassen sich aber auch – wie nicht anders zu erwarten – mit den politischen Implikationen des höchst überraschenden Triumphs.

„Begeisterung in Bordeaux“, titelt Népszabadság nach dem überraschenden 2:0 gegen Österreich. „Ein Traum wurde wahr“, heißt es im Leitartikel von Magyar Nemzet. Jugendliche Fans strömten auf Budapests Hauptverkehrsachse und feierten bis weit nach Mitternacht. Viktor Orbán postete lediglich ein Wort auf seiner Facebook-Seite: „Sieg!“, während DK-Chef Ferenc Gyurcsány den Auftritt der Ungarn als „genial“ bezeichnete.

Zsolt Bayer, Kolumnist bei Magyar Hírlap, beschimpft in seinem persönlichen Blog liberale Intellektuelle. (Einige von ihnen hatten sich unentschlossen geäußert, ob sie das ungarische Team aus voller Überzeugung unterstützen sollten, befürchteten sie doch, dass mögliche Siege der Regierung in die Hände spielen könnten. Bayer greift sich exemplarisch Tivadar Farkasházy heraus, einen seit vielen Jahrzehnten bekannten Humoristen und selbsternannten Fußball-Experten. Er hatte sein Fernsehpublikum wissen lassen, dass er das Nationalteam nicht unterstützen werde, „weil ein Sieg Orbán helfen würde“ – Anm. d. Red.) „Normale und aufrichtige Ungarn sind unbeschreiblich glücklich“, schreibt Bayer und äußert die Hoffnung, „dass Farkasházy, die Ratte, unsagbar traurig ist“.

Es dürfte Ministerpräsident Orbán sein, der aus dem internationalen Erfolg Ungarns in der Welt des Fußballs Profit schlagen werde, schreibt Gergely Tóth auf Index. Er nennt die Struktur des ungarischen Fußballs „oligarchisch“ und bezichtigt den Ministerpräsidenten, seine fußballerischen Ambitionen für politische Zwecke einzusetzen. „Es ist durchaus vertretbar, wenn jemand der Nationalmannschaft nicht die Daumen drückt“, schlussfolgert Tóth.

Im Leitartikel auf ihrer Titelseite erklärt Népszabadság den Freudentaumel auf den Budapester Straßen mit dem Hinweis darauf, dass Ungarn Anfang der 1950er Jahre über die beste Fußballmannschaft der Welt verfügt und auch in den darauffolgenden zwei Jahrzehnten stets zuverlässig an Weltmeisterschaften teilgenommen habe. Doch nun sei es das erste Mal, dass jüngere Generationen dieses einzigartige von diesem Spiel potenziell ausgehende Gefühl der Gemeinschaft gespürt hätten. Dieses Gefühl werde bleiben, selbst wenn dem Sieg eine Niederlage folgen sollte, prophezeit Népszabadság.

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