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Viktor Orbán auf der Fidesz-Sommeruni

25. Jul. 2016

Während sich die meisten Nachrichtenportale in langatmigen Berichten über die Rede des Ministerpräsidenten auf der alljährlichen Sommeruniversität seiner Partei in Siebenbürgen ergehen, warten zwei der Opposition nahestehende Webseiten mit eingehenden Kommentaren zu Orbáns positiver Bewertung der Dankesrede von Donald Trump beim republikanischen Parteikonvent auf.

Ministerpräsident Viktor Orbán bekräftigte vor mehreren hundert Zuhörern im siebenbürgischen Kurort Băile Tușnad (Tusnádfürdő), dass sein wichtigstes Ziel angesichts der allgemeinen Unsicherheit – erkennbar an Stagnation, Brexit und Migrationskrise – in der Bewahrung Ungarns als einem sicheren Ort bestehe. Diese drei Phänomene an sich sollten bereits ausreichen, um eine ernsthafte Revision der europäischen Integration in Gang zu setzen. Orbán lehnte in seiner Rede Bemühungen um einen Transfer weiterer Kompetenzen von der nationalen auf die übernationale Ebene ab, mahnte jedoch in einem Atemzug sowohl eine engere Zusammenarbeit zwischen den Geheimdiensten der Mitgliedsstaaten als auch den Aufbau gemeinsamer europäischer Streitkräfte an. Der Gast aus Budapest begrüßte drei am Freitag von Donald Trump in seiner Dankesrede geäußerten Anregungen: eine strengere Kontrolle der Einwanderung, die Schaffung eines effektiven internationalen Geheimdienstnetzes sowie der Verzicht auf die Strategie des Demokratieexports. Westliche Nachrichtenagenturen übersetzen die Orbán’sche Charakterisierung Trumps (ungarisch „derék“) mit „respektabel“ oder sogar „kühn“. BudaPost hingegen liest den ungarischen Begriff erheblich weniger empathisch. Wir meinen, dass sich Orbán mit seiner Wortwahl sogar von der Person distanziert, der er zwar durchaus gute Absichten unterstellt – sonst jedoch nichts, was notwendigerweise darüber hinaus gehen würde. Die erste „Sommeruniversität“ in Băile Tușnad wurde bereits kurz nach der Wende im Sommer 1990 organisiert. Seitdem findet diese Fidesz-Veranstaltung alljährlich mit Viktor Orbán als Hauptredner statt.

Tamás Mészáros bezeichnet Viktor Orbán als „Weltspitze“, da bisher kein Staatschef bzw. keine Regierung Donald Trump offen unterstützt habe. Immerhin räumt Mészáros auf Index ein, dass die vom ungarischen Ministerpräsidenten als attraktiv bezeichneten Ideen der Dankesrede Trumps noch zu den am wenigsten radikalen gehörten. Dagegen bezeichnet er es als höchst ungewöhnlich, dass der Regierungschef eines Nato-Verbündeten beim Rennen um den Einzug ins Weiße Haus offen Partei ergreife. Orbán wäre selbst zurecht erzürnt, würden führende amerikanische Politiker ihre Sympathie für eine der politischen Parteien Ungarns kundtun.
Index befragte auch den Sprecher Orbáns zum Themenkreis Trump. Dabei wies Bertalan Havasi Behauptungen zurück, Orbán habe den amerikanischen Immobilienmogul ausdrücklich unterstützt. In diesem Fall handele es sich um eine „ziemlich vereinfachende Schlussfolgerung der Journalisten“. Der Sprecher betonte, Orbán habe in Wirklichkeit Trumps Formulierungen zu einigen spezifischen Problemen begrüßt, darunter zum Thema Einwanderung.

Obgleich Orbán mit seinen Anmerkungen zu Trump international für Schlagzeilen gesorgt habe, sei dies mitnichten der entscheidende Teil seines „Monologs“ gewesen, konstatiert Nóra Diószegi auf Kettős Mérce. Die wichtigste Botschaft der Rede Orbáns lasse sich in seinen Äußerungen über den Niedergang Westeuropas sowie das Hervortreten der osteuropäischen EU-Mitgliedsstaaten als eine positive Alternative finden. Sollte dies wahr sein, weswegen suchten dann so viele junge Osteuropäer Arbeit im Westen, fragt die Autorin und bestreitet darüber hinaus die Behauptung Orbáns, Ungarn sei das einzige Land, in dem die Bevölkerung zum Thema Migration befragt werde. Das am 2. Oktober stattfindende Referendum über die Migrantenquoten werde, so Diószegi, absolut keine rechtlichen Konsequenzen zeitigen, dafür aber „eine riesige Stange Geld kosten“.

Mit einer Analyse der Rede Orbáns wartet auch die öffentlich-rechtliche Webpräsenz Hiradó auf. Dabei stellt der regierungsfreundliche Autor Gábor G. Fodor fest: Orbán erkunde neue gangbare Wege für Europa mit dem Ziel, die Europäische Union zusammenzuhalten. Auf die Anmerkungen Orbáns zu Donald Trump eingehend, schreibt Fodor: Worauf es in Wahrheit ankomme, sei nicht die Frage, welche seiner Ideen man unterstützen sollte, sondern der Umstand, dass es sich beim republikanischen Präsidentschaftskandidaten um einen „Außenseiter“ handele, der weder einer „Political Correctness“ noch „unfehlbaren Dogmen“ verpflichtet sei. Die „verknöcherten Eliten“ ließen sich nur von außen „aufbrechen“, gibt sich Fodor sicher.

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