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Meinungsmacher der Opposition leben offenbar in einer Blase

11. Nov. 2017

Nach Einschätzung eines linken Politologen überschneidet sich der von der intellektuellen Elite der Opposition geführte Kulturkrieg nicht im Entferntesten mit den Wünschen, Beschwerden und Ambitionen einer Mehrheit der Bevölkerung.

In Népszava analysiert Tamás Boros die Ergebnisse einer aktuellen Studie der Denkfabrik Policy Solutions. Aus ihr geht hervor, dass die Linke ihre Energie für Auseinandersetzungen vergeude, die bei der allgemeinen Öffentlichkeit auf geringes Interesse stießen.
(In ihrer Untersuchung mit dem Titel „Der Ungarische Traum“ kommt Policy Solutions zu dem Ergebnis, dass die Ungarn nach wie vor nostalgische Gefühle im Hinblick auf die Stabilität des späten Kádár-Regimes hegen, gleichzeitig jedoch den westlichen Lebensstandard anstreben würden. Ebenso wenig verspürten sie Sympathien für den „individualistischen amerikanischen Traum“ sowie den „Law-and-Order-Staat russischer Prägung“ – Anm. d. Red.)
Boros verortet den von Policy Solutions als fiktives Kádár-Regime bezeichneten „Ungarischen Traum“ sarkastisch irgendwo im Grenzgebiet zwischen Österreich und der Schweiz
. Was dem Autor aber aus politischer Sicht als viel bedeutsamer erscheint, ist die Beschreibung der Prioritäten für die ungarische Gesellschaft, die nur wenig mit den alltäglichen Sorgen der linken Intelligenzia gemeinsam hätten. Während letztere mit der Regierung nahestehenden Kreisen erbitterte Kriege über die Frage führe, wer wohl die wahren Helden der antikommunistischen Revolution von 1956 gewesen seien, halte eine 40-prozentige relative Mehrheit der Ungarn das Kádár-Regime für die prosperierendste Periode der ungarischen Geschichte. Ein weiteres von Boros angeführtes Beispiel sind die alltäglichen Klagen linker Intellektueller über das regierungsnahe Lager, das das Horthy-Regime der Zwischenkriegszeit rehabilitiere. Im Gegensatz dazu betrachteten lediglich drei Prozent der Ungarn Horthy als ein Vorbild, auf das man stolz sein könne.
Während die Hauptkritik der Linken an die Adresse der Regierung vor allem deren „Abgleiten nach rechts“ sowie ihrer „Europafeindlichkeit“ (Anführungszeichen von Boros) gelte, gehe es dem durchschnittlichen Ungarn vor allem um Löhne, Altersrenten, die Gesundheitsfürsorge, die Modernisierung sowie das Wohlstandsgefälle. Dies seien typisch linke Anliegen, notiert Boros und schlussfolgert: Vielleicht wäre es höchste Zeit, aus der Blase auszubrechen und sich darüber zu unterhalten, was die Mehrheit für wirklich wichtig erachte.

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