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Kritik am Sargentini-Bericht

25. Jun. 2018

Ein prominenter Europaabgeordneter Ungarns weist den in der Vorbereitung befindlichen Abschlussbericht eines Europaparlamentsausschusses zurück und sieht in ihm einen Verstoß gegen den Vertrag von Lissabon. Mit seiner Hilfe und auf Grundlage eines unlauteren Verfahrens solle Ungarn sein Stimmrecht entzogen werden, moniert der Fidesz-Politiker.

In einem ausführlichen Beitrag für Magyar Idők beklagt der Europaparlamentsabgeordnete József Szájer die auf der Grundlage eines Berichts der niederländischen Grünen Judith Sargentini zu erwartende „ungerechtfertigte Verurteilung Ungarns“ im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE). Gemäß Text solle die Europäische Union gegen Ungarn den Artikel 7 des Vertrags von Lissabon zur Anwendung bringen und dem Land seine Stimmrechte im Europäischen Rat entziehen. (Für eine entsprechende Entscheidung wäre allerdings ein einstimmiger Ratsbeschluss notwendig. In diesem Gremium haben sich jedoch Ungarn und Polen gegenseitig eine Blockade derartiger Anträge zugesichert – Anm. d. Red.) Szájer, Fidesz-Gründungsmitglied und Urheber des Verfassungsentwurfs vom Jahr 2011, beschwert sich zunächst darüber, dass ihm lediglich zwei Minuten gegeben worden seien, um die unzähligen im Bericht enthaltenen Falschaussagen zu entkräften. Zudem habe die Ausschussvorsitzende elf Gegnern der Politik Ungarns das Wort erteilt, hingegen nur vier Kritikern des Berichts. Zweitens verweist Szájer darauf, dass der Bericht zu bestimmten Themen auf Informationen einer langen Liste entschieden regierungskritischer Organisationen basiere, jedoch keine regierungsfreundlichen Stimmen zu Wort gekommen seien. Auf diese Einwände eingehend habe Sargentini zugesagt, sie würde diese Liste aus dem Anhang des Berichts entfernen (nicht aber deren Stellungnahmen und Bezichtigungen, wie Szájer hinzufügt). Drittens beinhalte der Bericht eine ganze Reihe von Themen, die nicht in den Kompetenzbereich der Europäischen Union fielen, darunter niedrige Renten, die zu geringe Repräsentanz von Frauen in der Politik oder die Tatsache, dass die staatliche Arbeitslosenunterstützung nur für eine kurze Zeit gewährt werde. Auch dass eine Tageszeitung (gemeint ist Népszabadság) von ihrem Eigentümer eingestellt worden sei, gehöre in diese Aufzählung. Szájer teilt nach eigener Aussage manche dieser Bedenken. Allerdings handle es sich bei den angesprochenen Problemen laut Vertrag von Lissabon zweifelsfrei um innere Angelegenheiten eines Staates. Wenn diese Bereiche aus dem Bericht herausgenommen würden, bliebe kaum etwas Substanzielles mehr übrig, abgesehen von einigen Anschuldigungen, die bereits vor langer Zeit hätten widerlegt werden können, so die Behauptung Szájers. Was eine unzureichende Einhaltung der vom Lissabon-Vertrag vorgeschriebenen Bestimmungen beträfe, so könnten zahlreiche EU-Mitgliedsstaaten schuldig gesprochen werden. Er selber sei beispielsweise ein entschiedener Republikaner, würde jedoch niemals versuchen, Großbritannien oder die Niederlande wegen ihrer monarchischen Systeme zu verurteilen. Ungarn werde also ungerecht behandelt. Es würde mit zweierlei Maß gemessen und stelle eine willkürliche Vorgehensweise dar, die in klarem Widerspruch zu den Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit stehe, gegen die Ungarn laut Bericht angeblich verstoße.

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