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Aufflammender Kulturkrieg

23. Jul. 2018

Ein der Regierung nahestehender Historiker beklagt, dass Kunst und Literatur nach wie vor von linksliberalen Köpfen beherrscht würden, und fordert eine veränderte Grundhaltung. Linke Kommentatoren dagegen werfen den Regierenden diktatorische Ambitionen in der Welt der Künste vor.

Der Historiker Márton Békés warnt in einem längeren Artikel für Magyar Idők, dass die potenziellen 16 Jahre politischer Herrschaft des Fidesz letztendlich nicht zu einer geschichtsträchtigen Epoche werden könnten, wenn die Konservativen nicht auch im kulturellen Leben eine dominierende Stellung einnehmen und sich in der Folge soziale Gewohnheiten, Überzeugungen und Weltanschauungen nicht zu ihren Gunsten ändern sollten. 28 Jahre nach dem Fall des Kommunismus müsse die Kultur von der linksliberalen Herrschaft „entkolonialisiert“ werden, so die Forderung des Historikers.

Diese Gedanken bezeichnet Heti Világgazdaság als „Angriff auf linksliberale Schriftsteller“. Die Wochenzeitung zitiert einen Facebook-Eintrag des Schriftstellers Gergely Péterfy, der darauf aufmerksam macht, dass Linke keine Schuld am möglichen unzureichenden Erfolg konservativer Autoren trügen. Er fordert Békés auf, einen einzigen konservativen Schriftsteller oder Künstler zu benennen, der von Linken unterdrückt werde.

Angesichts des ersten Proteststurms im linksliberalen Lager äußerte sich Békés in der täglichen Talkshow des regierungskritischen Klubrádiós. Dabei stellte der Forschungsdirektor des Terrorhaus-Museums klar, dass er die Konservativen lediglich aufgefordert habe, künftig nicht mehr gewohnheitsmäßig die Zustimmung liberaler Experten einzuholen oder sich den Erwartungen von Magyar Narancs anpassen zu wollen, indem man niemals einen linken Schriftsteller verunglimpfe.

In 168 Óra vergleicht György Gábor das Bestreben, die kulturellen Normen eines Landes zu verändern, mit kommunistischen und nationalsozialistischen Praktiken beziehungsweise dem von Robespierre nach der französischen Revolution gewaltsam eingeführten Kult des höchsten Wesens. Diese Versuche hätten enormes Leid verursacht, seien aber stets erfolglos geblieben, erinnert der Philosoph und wirft der rechten Seite vor, dass hinter ihren Angriffen auf prominente Künstler ein „Hunger nach Geld“ stecke.

In einem ihrer beiden regelmäßigen Leitartikel äußert auch die Redaktion von Magyar Narancs die Vermutung, dass sich rechte Autoren einfach nur den „Geldtöpfen nähern wollen“. Deshalb führten einige von ihnen sogar einen Kulturkrieg gegen einige ihrer eigenen Leute, wie etwa die Direktoren des Petőfi Literaturmuseums, auf dessen Veranstaltungen eine Reihe linksliberaler Schriftsteller aufgetreten seien, sowie der Staatsoper (siehe BudaPost vom 5. Juni). Die Leitartikler werfen den Befürwortern eines Wandels in der Kulturwelt vor, die ihnen Überlegenen vernichten zu wollen und sich dabei von einem „unvergleichbaren Minderwertigkeitskomplex“ antreiben zu lassen.

Márton Békés antwortet auf diese Einwände in der Wochenzeitschrift Figyelő und erklärt, dass sich die von ihm befürworteten Veränderungen „von unten“ entwickeln müssten und „Politiker dort nichts zu suchen haben“. Politischer Wille, so Békés, könne Qualitätsfilme, Bücher und Theaterstücke nicht ersetzen.

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