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In der strukturellen Zwickmühle: die ungarische Wirtschaft

26. May. 2014

Quer durch das politische Spektrum fordern Analysten, dass sich Ungarn stärker auf Wirtschaftszweige mit höherer Wertschöpfung konzentriere müsse, damit Löhne und Nachfrage zum westlichen Niveau aufschließen können. Vor allem müsse die Regierung ungarischen Investoren helfen und mehr in die Bildung investieren.

Ungeachtet vielversprechender Wachstums- und Exportzahlen (vgl. BudaPost vom 17. Mai) sehe sich die ungarische Wirtschaft strukturellen Problemen gegenüber, meint Ottó Sinkó in Figyelő. Das jüngste BIP-Wachstum sei der externen Nachfrage zu verdanken, merkt der Autor an. Sinkó glaubt, dass die Industrieproduktion in der Vergangenheit deshalb schnell gewachsen sei, weil billige und qualifizierte Arbeitskräfte zur Verfügung gestanden hätten. Unlängst jedoch habe die Abwanderung aus dem Land zugenommen und als Ergebnis werde es für Investoren immer schwieriger, in Ungarn qualifizierte Arbeitskräfte zu rekrutieren. Der Arbeitskräftemangel werde höhere Löhnen verursachen, sagt Sinkó voraus. All dies werde seiner Meinung nach Investitionen hemmen und die Schaffung von Arbeitsplätzen verlangsamen. Um einem weiteren Wirtschaftswachstum Vorschub zu leisten, sollte die Regierung die Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften sicherstellen, schlägt der Autor vor.

Die Regierung müsse denjenigen ungarischen Investoren helfen, die ihren Gewinn wieder im Land reinvestieren, schreibt der Ökonom György Gelencsér in Magyar Nemzet. Er hebt hervor, dass das BIP-Wachstum nicht zu einer Erhöhung des Wohlstandes geführt habe. Die Wirtschaft wachse aufgrund ausländischer, von billigen Arbeitskräften angelockten Investitionen. Und da ausländische Investoren ihre Gewinn aus dem Land abzögen, könnten Wohlstand und Binnennachfrage nicht wachsen. Anstatt jene Unternehmen anzuziehen, die nach billigen, unqualifizierten Arbeitskräften suchen, sollte sich die Regierung intensiver auf Wirtschaftszweige mit höherer Wertschöpfung konzentrieren, was steigenden Löhnen und eine stärkere Binnennachfrage nach sich zöge, schließt Gelencsér.

Die Hoffnung, dass die Löhne schneller steigen würden als die Produktivität, hält Csaba Szajlai in Magyar Hírlap für unrealistisch. Da die Durchschnittsproduktivität eines ungarischen Beschäftigten geringer sei als in Westeuropa, sei es alles andere als überraschend, dass auch die Löhne niedriger ausfielen, hält der konservative Ökonom fest. Entgegen der weitläufigen Annahme (vgl. BudaPost vom 7. Mai) entsprächen die Preise in Ungarn nicht denen in Westeuropa. Der Autor führt Zahlen von Eurostat an, wonach Ungarns Pro-Kopf-Wirtschaftsleistung 54 Prozent des westeuropäischen Durchschnitts ausmache, während die Preise 57 Prozent des in Westeuropa herrschenden Niveaus betragen. Ungarische Löhne würden nur steigen, wenn die Wirtschaftsleistung wachse, so der Autor. Das verlange eine höhere Wertschöpfung, was wiederum von einem hochwertigen Bildungswesen abhänge.

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