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V4 auf Konfrontationskurs zu Merkel?

18. Feb. 2016

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel und die vier Visegrád-Staaten (V4) verfolgen unterschiedliche Strategien, die den Zustrom von Flüchtlingen und Migranten nach Europa unterbinden sollen. Vor diesem Hintergrund gehen sowohl linke als auch rechte Kommentatoren von einer sich vertiefenden Kluft zwischen den Kernstaaten der EU und ihren mittelosteuropäischen Partnern aus.

In Népszava beschäftigt sich Róbert Friss noch einmal mit dem am Montag abgehaltenen Gipfeltreffen der vier Visegrád-Staaten (vgl. BudaPost vom 17. Februar). In seinem Kommentar äußert Friss den Verdacht, dass Ministerpräsident Viktor Orbán die Migrationsdebatte nutzt, um in Mittelosteuropa eine Anti-Merkel-Koalition zu schmieden. Orbán wolle sich an der deutschen Kanzlerin rächen, die ihn wegen seiner Bemühungen um die Errichtung einer „illiberalen Demokratie“ heftig kritisiert hatte. Der ungarische Regierungschef wolle die V4 vor dem Hintergrund der deutschen Einwanderungsstrategie mobilisieren und einen, notiert der linksorientierte Autor und argwöhnt: Die Errichtung eines Grenzzaunes an der griechisch-mazedonischen Grenze würde Griechenland aus der Schengen-Zone ausschließen sowie die diplomatischen Beziehungen zwischen Athen und Skopje weiter verschlechtern.
Laut Friss werden wir nach dem Treffen von Orbán mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin sowie dem EU-Migrationsgipfel vom Donnerstag sehen, inwieweit der ungarische Regierungschef der Union seine Vision werde aufzwingen können. Letztendlich könnte es auch soweit kommen, spekuliert Friss, dass die Visegrád-Staaten ihre regionale Partnerschaft auf Serbien, Kroatien, Rumänien und sogar Bosnien ausweiten, falls die Kernstaaten der EU die Schaffung einer zweigeteilten Union beschließen und den Integrationsprozess Westeuropas weiter forcieren sollten.

In Magyar Nemzet bewertet István Pataky den Mut der V4-Spitzenpolitiker positiv, sich gegen die Migrationspläne von Angela Merkel zu stellen. Allerdings äußert sich der konservative Kolumnist in gewisser Hinsicht skeptisch, ob der Vorschlag der V4 zur Errichtung eines Zaunes an der mazedonischen Grenze tatsächlich realisierbar sei. Die Abriegelung der Grenze würde aus Griechenland ein riesiges Flüchtlingslager machen, in dem wahrscheinlich ein Bürgerkrieg ausbrechen dürfte, spekuliert Pataky. Der Vorschlag von Bundeskanzlerin Merkel, den Zustrom von Migranten durch eine Übereinkunft mit der Türkei zu stoppen, sei aber ebenfalls undurchführbar. Daraus zieht Pataky die Schlussfolgerung, dass der sich abzeichnende Kampf zwischen der mittel- und osteuropäischen Koalition sowie den Kernstaaten der EU symptomatisch für die Krise der Union sei.

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