Nachweihnachtliche Gedanken über die Armut
30. Dec. 2013Linksorientierte Kolumnisten werfen der Regierung Ignoranz im Hinblick auf das Armutsproblem vor. Ihr Kollege aus dem regierungsfreundlichen Lager hingegen glaubt, dass die Opposition die Armen für ihre Ziele einspannen wolle, nachdem sie zu Regierungszeiten selbst nichts für eine Verbesserung ihres Schicksals unternommen habe.
Während die Regierung behaupte, dass es Ungarn besser gehe, stünden Tausende am Weihnachtsfeiertag nach einer warmen Mahlzeit Schlange, beklagt Népszabadság in einem Leitartikel auf der Titelseite, in dem die regelmäßig betriebene Weihnachtssuppenküche des ungarischen Krishna-Verbandes kommentiert wird. Die linksorientierte Tageszeitung vermutet, dass die Orbán-Regierung lieber Milliarden Forint an ihre unternehmerischen Bundesgenossen überweist, als den Armen zu helfen. (Vor einigen Tagen war das Bauunternehmen Közgép zum Gewinner von fünf unterschiedlichen staatlichen Ausschreibungen verkündet worden. Közgép gilt weithin als Rückgrat eines Fidesz-freundlichen Geschäftsimperiums. Laut einem Bericht von Index.hu konnte sich das Unternehmen im Jahre 2013 bei verschiedenen Ausschreibungen Aufträge in einem Gesamtvolumen von 27 Milliarden Forint sichern – Anm. d. Red.)
In der gleichen Tageszeitung bezeichnet es Dóra Ónody-Molnár als geschmacklos, wenn im Budaer Hilton eine karitative Abendgesellschaft organisiert wird. Die Regierung habe damit in Armut lebende Kinder gedemütigt. (Vor den Weihnachtsfeiertagen hatte eine kalvinistische Wohltätigkeitsorganisation zur Unterstützung armer Familien eine Gruppe von Kindern zu einem Abendessen in ein Budapester Fünf-Sterne-Hotel geladen. Der Schirmherr der Veranstaltung und Minister für Humanressourcen, Zoltán Balog – seines Zeichens selbst ein reformierter Pfarrer – war ebenfalls eingeladen – Anm. d. Red.) Die liberale Kommentatorin missbilligt die Idee, in tiefster Armut lebende Kinder mit einem Luxus zu konfrontieren, den sie in ihrem Alltag niemals erfahren könnten, sowie mit Hilfe einer derartiger Veranstaltung den Eindruck zu erwecken, als wäre Balog um die Bedürftigen besorgt.
In Magyar Hírlap wirft László Kiss demgegenüber ein, dass sich die linken Parteien offenbar nur dann über die Armut den Kopf zerbrächen, wenn sie sich in der Opposition befänden. Die Sozialisten würden jetzt versprechen, dass sie im Falle eines Sieges bei den Parlamentswahlen 2014 die Kinderarmut beseitigen würden – schade nur, spottet der Autor, dass sie nichts Entsprechendes getan hätten, als sie in den acht Jahren vor 2010 die Regierung bildeten.