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Braut sich über dem Holocaust-Gedenkjahr ein internationaler Skandal zusammen?

28. Jan. 2014

Mit einer Stellungnahme des renommierten Historikers Randalph L Braham hat das Gezänk über das geplante Mahnmal zur Erinnerung an die Invasion Ungarns durch Nazi-Deutschland eine neue, bedeutsame Wendung weg von einem nationalen Streit hin zu einem internationalen Skandal genommen, glaubt eine der Opposition nahestehende Zeitung. Regierungsfreundliche Kommentatoren wiederum kritisieren die Angelegenheit als Panikmache und substanzlose Schuldzuweisung seitens der Linken.

Am Sonntag hatte der Historiker Randalph L. Braham, der Top-Experte für den ungarischen Holocaust und selbst ein Holocaustüberlebender seine staatlichen ungarischen Auszeichnungen zurückgegeben und seinen Namen vom geplanten Braham-Zentrum zurückgezogen, das als Teil des neuen von der Regierung finanzierten Holocaustgedenkkomplexes entstehen soll. In einem an das Museum gerichteten Brief schreibt Braham, seine Entscheidung sei durch den geplanten Bau eines Mahnmals zur Erinnerung an die ungarische Besetzung durch Nazi-Deutschland im Jahre 1944 motiviert worden – ein Mahnkmal, das seiner Ansicht nach den Versuch darstelle, die ungarischen Behörden und die Bevölkerung von der Verantwortung für die Kollaboration und die Deportation der Juden Ungarns reinzuwaschen (vgl. BudaPost vom 4. Januar). Das offizielle Ungarn dagegen betont, dass das geplante Monument an die jüdischen Opfer erinnern solle. Parlamentspräsident László Kövér sagte im rechtsorientierten Sender „Lánchíd Rádió“, dass die Angriffe gegen die Regierung in dieser Sache das Resultat einer kollektiven Hysterie seien. Er bekräftigte, die Regierung erkenne die Schuld von Kollaborateuren zu Zeiten des Krieges an, darunter auch staatliche Behörden. Doch verwahre er sich vor „dem traditionellen kommunistischen Vorwurf“ einer Kollektivschuld.

Ein Leitartikel in der Tageszeitung Népszabadság empört sich über die Stellungnahme Kövérs und interpretiert sie als durchtriebenen Versuch, der Linken und dem Nationalrat jüdischer Gemeinden (der laut Kövér der Linken einmal mehr geholfen habe – Anm. d. Red.) die Erzeugung einer Mahnmals-Hysterie oder zumindest „ein von Verzweiflung getriebenes Handeln“ vorzuwerfen. Unterdessen habe Professor Braham seinen Brief verschickt, in dem er die gleichen Argumente vorbringe wie die einheimischen Regierungskritiker. Und obgleich Kövér davon sprechen möge, dass auch er „aus Verzweiflung gehandelt habe“, so sei Braham der Top-Experte zum Thema ungarischer Holocaust und es habe den Anschein, als stehe der Regierung ein massiver internationaler Skandal ins Haus, vermutet Népszabadság.

Ganz anders Magyar Hírlap, wo Chefredakteur István Stefka die (einheimische und internationale) Linke bezichtigt, sie schüre Ängste und bedränge die breitere Öffentlichkeit. Stefka vermutet unter Verweis auf Äußerungen seiner jüdischen Freunde, die – so seine Behauptung – aus Furcht vor einer Ausgrenzung seitens ihrer Gemeinden ihre Meinung lieber verschwiegen, dass all diese Vorwürfe hinsichtlich der Verantwortung für den Holocaust und des ungarischen Antisemitismus den Antisemitismus in Ungarn nur noch weiter schüren würden. Der Journalist kommt zu dem Schluss, dass, obgleich bei den Linken geradlinig denkende Historiker existierten, diese einfach Angst hätten, ihre Meinung öffentlich zu äußern.

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