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Auslandsungarn dem Ukraine-Konflikt ausgeliefert

24. Feb. 2014

Die sich überschlagenden Ereignisse im nordöstlichen Nachbarland finden auch in der ungarischen Presse ihren Niederschlag. So verteidigt ein auf strammer Regierungslinie schreibender Journalist die Demonstranten in Kiew vor vermeintlich liberaler Kritik, während ein in der Ukraine geborener Autor das Dilemma der vor allem im westlichen Landesteil lebenden ethnischen Ungarn beschreibt.

Zsolt Bayer von Magyar Hírlap nimmt die Menschenmenge auf dem Maidan gegen den Index-Korrespondenten András Földes in Schutz, der von einer starken antisemitischen Fraktion unter den Protestierenden berichtet hatte. Földes schrieb vom Maidan, dass er zwar sehr berührt gewesen sei, als das ukrainische Parlament eine Rückkehr zur Verfassung von 2004 beschlossen und daraufhin die Masse spontan die ukrainische Nationalhymne angestimmt habe. Jedoch sei ihm auch bewusst gewesen, dass jene, mit denen er Schulter an Schulter stehe, bald wieder gegeneinander kämpfen würden. Eine Handvoll von ihnen seien sogar „Ultranationalisten und Antisemiten“. Bayer empfindet diese Sprache als typisch für Liberale, die schnell dabei seien, Nationalisten als Ultranationalisten und Antisemiten darzustellen.

Auf Cink warnt Albert Gazda, ein in der Ukraine geborener Ungar, vor übertrieben enthusiastischen Interpretationen des Sieges der Menschenmenge auf dem Maidan. Die Ukraine ist seiner Meinung nach eine Oligarchie, in der lokale Beamte, inklusive führende Vertreter der Ungarn, sich jedem anpassen müssten, der gerade in Kiew an der Macht sei. Deshalb versuchten die Ungarn im Moment neutral zu erscheinen, erklärt Gazda. Anders als in der Vergangenheit: Nach einer Spaltung der ansässigen Ungarischen Allianz im Jahr 1990 habe eine der Organisationen während der Orangenen Revolution 2004 Juschtschenko unterstützt, während die andere, vom vormaligen Präsidenten Janukowitsch begünstigte „schnell das sinkende Schiff verlassen“ habe. Die folgende Machtverschiebung habe die ungarische Autonomie beschädigt, da die neue Ministerpräsidentin Julia Timoschenko eine aggressive Kampagne gestartet habe, um den Gebrauch von anderen Sprachen außer Ukrainisch im öffentlichen Leben und im Bildungsbereich zurückzudrängen. Auch wenn die Nationalisten vor allem auf russisch sprechende Ukrainer zielten, seien auch Ungarn unter den Opfern gewesen. Nachdem dann wiederum Janukowitsch Timoschenko besiegt hatte (und er sie ins Gefängnis werfen ließ), seien die Sprachregelungen gelockert worden, wovon die Ungarn zusammen mit Janukowitschs russischsprachiger Basis profitiert hätten. Während die Ungarn keine Fans von Janukowitschs bezwungenem korrupten Regime seien, könnten sie weit und breit keine attraktive Alternative erkennen und fürchteten sich gewiss vor übereifrigen westukrainischen Nationalisten mit ihrer häufig bewiesenen Leidenschaft für die Beschädigung einheimischer ungarischer Denkmäler.

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