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Hat Matolcsy nicht dichtgehalten?

15. Mar. 2014

Liberale und linke Kommentatoren unterstützen Behauptungen aus dem Lager der Opposition, wonach Notenbankchef György Matolcsy 2011 wichtige Informationen an Mitarbeiter von Goldman Sachs weitergeleitet haben soll.

In einem in dieser Woche veröffentlichten Buch über György Matolcsys Jahre als Wirtschaftsminister beschreibt Helga Wiedermann, seinerzeit als Kabinettschefin die ranghöchste Mitarbeiterin des Ministers, ein Treffen zwischen Matolcsy und Vertretern der Investmentbank Goldman Sachs aus dem Jahr 2011. Dabei soll der ungarische Minister seinen Gesprächspartnern berichtet haben, dass sich Ungarn noch am gleichen Tag um eine Stand-by-Kreditlinie des Internationalen Währungsfonds bemühen werde. In einer Reaktion auf diesen Bericht Wiedermanns warfen Oppositionspolitiker Matolcsy vor, er habe geheime Informationen ausgeplaudert. Zudem sei der Forint-Wechselkurs als Folge von Insiderhandelsaktivitäten noch am gleichen Nachmittag schlagartig um über ein Prozent gestiegen. Aufgrund dessen sollte nach Ansicht der Opposition Matolcsy seinen Posten als Chef der Ungarischen Nationalbank aufgeben. Diese wiederum wies die Beschuldigungen zurück und stellte klar, bei der in dem Buch beschriebenen Szene handele es sich um eine reine Erfindung.

Im Leitartikel von Népszabadság wird gefragt, wenn es sich bei der undichten Stelle um eine reine Erfindung handeln sollte, weswegen sei das Buch dann der Öffentlichkeit und dem Ministerpräsidenten höchst persönlich im Rahmen eines öffentlichen Empfangs als das Dokument einer ganzen Epoche vorgestellt worden? Das eigentliche Problem liege allerdings darin, dass sie nach wie vor nicht verstünden, worin das Problem mit der Verfasserin liege, die doch ungeachtet ihrer hochrangigen und sensiblen Position nicht gewusst habe, wie destruktiv sich eine solche Geschichte auf György Matolcsy auswirken könne.

In Népszava räumt Tamás Mészáros ein, dass es wohl schwierig sein werde zu beweisen, dass das Erstarken des Forint vom November 2011 tatsächlich auf die Bemerkungen Matolcsys zurückzuführen sei. Doch die Art und Weise, in der Helga Wiedermann die Geschichte auslege, lasse tief blicken. Anstatt zu kapieren, wie unverantwortlich ihr Boss gehandelt habe, erläutere sie fröhlich weiter, dass sich Spekulanten von Beginn an gegen Ungarn verschworen hätten, und beschreibt den Vorfall als entsprechenden Beweis. Gemäß der Interpretation des Népszava-Journalisten ist die Volatilität des Forint nicht auf eine internationale Verschwörung, sondern auf Matolcsys „Freiheitskampf“ gegen den IWF zurückzuführen.

Auf der Online-Nachrichtenplattform Origo berichtet Gyula Pleschinger, zur Zeit Mitglied im Geldpolitischen Rat der Ungarischen Nationalbank sowie Unterstaatssekretär im Wirtschaftsministerium während der Amtszeit Matolcsys, er habe damals 2011 am Mittagstisch gesessen, wo sich sein Minister mit internationalen Bankiers getroffen hatte. Dabei sei Matolcsy nicht auf das an den Internationalen Währungsfonds gerichtete Ersuchen eingegangen. Pleschinger bestreitet auch andere Einzelheiten der in dem Buch veröffentlichten Version. So sei keiner der Anwesenden aufgestanden und habe den Tisch verlassen (um Telefongespräche zu führen), wie Helga Wiedermann nahelegt.

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