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Ungarn und das Krim-Referendum

19. Mar. 2014

Linke und konservative Kolumnisten sind sich einig: Der Westen könne nichts gegen eine russische Annexion der abtrünnigen Halbinsel unternehmen. Sie verweisen darauf, dass nach der Anerkennung des Kosovo als unabhängiger Staat der Westen kaum in der Lage sei, das Prinzip der territorialen Integrität konsequent zu verteidigen.

In einem in recht düsterem Ton verfassten Text für Cink äußert Albert Gazda die Befürchtung, dass die russische Einmischung auf der Krim das Ende der Friedensjahre markiere. Unter Putin habe Russland seine geopolitische Position zurückerobert und bis heute eine einflussreichere Rolle auf der internationalen Bühne übernommen als zu Zeiten der späten Sowjetunion. Gazda hält es für sehr wahrscheinlich, dass Moskau seine Einflusssphäre mittels militärischer Aktionen und anderer Instrumente ausweiten werde. Falls Putin jedoch scheitern sollte, werde Russland auseinanderfallen. In jedem Falle sei das Machtgleichgewicht der Zeit nach dem Kalten Krieg komplett zerstört worden, resümiert Gazda.

Die westlichen Mächte dürften die Krim kaum von einem Anschluss an Russland abhalten, notiert Edit Inotai in Népszabadság. Da die Westmächte vor 15 Jahren schnell dabei gewesen seien, die Unabhängigkeit des Kosovo anzuerkennen und zu legitimieren, könnten sie heutzutage kaum glaubhaft behaupten, dass das Referendum auf der Krim gegen das Prinzip der territorialen Integrität verstoße.
In der gleichen Tageszeitung fügt Csaba Poór hinzu, dass die Geschehnisse in der Ukraine Putin stärken dürften: Durch die Annexion der Krim könne Putin in der Heimat sein Image als starke Führungspersönlichkeit wiederherstellen. Putin befinde sich in einer Win-Win-Situation. Selbst wenn der Westen Sanktionen gegen Russland verhängen sollte, dürften sie lediglich symbolischer Natur sein. Und so werde Putin reklamieren können, sein Land sei stark genug, um westliche Abschreckungsmaßnahmen gelassen hinzunehmen. Falls aber Sanktionen die russische Wirtschaft treffen sollten, werde Putin den Westen für die zunehmende Armut verantwortlich machen können, prophezeit Poór.

Für Rudolf Rezsőházy wirft die Ukraine-Krise ein Schlaglicht auf die Schwäche und Widersprüchlichkeit der EU-Außenpolitik. Auf Mos Maiorum schreibt der konservative Analyst, mit dem Ausstrecken ihrer Hand Richtung Ukraine habe die Europäische Union ihre Macht überdehnt. Die unterentwickelte und kulturell eher fremde Ukraine sei ein Land im Einflussbereich Russlands. Rezsőházy glaubt, dass die EU über keinerlei Mittel und Wege verfüge, um den russischen Einfluss auf die Ukraine auszubalancieren. Und so erwecke sie bei den Ukrainern, die sich der Europäischen Union anschließen wollten, falsche Hoffnungen. Der Autor äußert seine Zweifel, ob die Ukraine zusammengehalten werden könne oder sollte. Ein Staat, der aus merklich unterschiedlichen kulturellen und ethnischen Gruppen zusammengesetzt sei, ließe sich lediglich künstlich erhalten, gibt Rezsőházy zu bedenken. In einer Nebenbemerkung macht er auf die äußerst heikle Lage Ungarns aufmerksam, da das Land die Interessen der in der Karpato-Ukraine lebenden Ungarn im Auge behalten müsse.

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