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Fidesz siegt – Zweidrittelmehrheit ungewiss

8. Apr. 2014

Kommentatoren aller Couleur sind sich einig: Die Linke ist zerschlagen und wird sich nach der erneuten schweren Niederlage komplett neu erfinden müssen. Konservative Beobachter fügen hinzu, dass die überwältigende Rückendeckung sämtliche von der Regierung Orbán in den vergangenen vier Jahren durchgeführten Reformen und angewandten Strategien legitimiert habe.

Laut dem noch nicht endgültigen Wahlergebnis hat die Fidesz-Partei von Ministerpräsident Viktor Orbán die Parlamentswahlen gewonnen und könnte sogar ihre Zweidrittelmehrheit für weitere vier Jahre behaupten. Nach Auszählung von 99 Prozent der abgegebenen Stimmen würde der Fidesz demnach mit seinen 44,5 % 133 der insgesamt 199 Parlamentssitze auf sich vereinigen. Das entspricht genau der für die Zweidrittelmehrheit notwendigen Anzahl. Die Linkskoalition (26 %) käme demnach auf 38 und die rechtsextreme Partei Jobbik (20,5 %) auf 23 Sitze. Auch die grün-alternative LMP („Politik kann anders sein“) schaffte mit 5,3 % den Einzug in das Hohe Haus und entsendet fünf Abgeordnete. In zwei der Budapester Wahlbezirke liegen die Fidesz-Direktkandidaten zur Zeit nur mit 22 bzw. 253 Stimmen Vorsprung an der Spitze. Hier werden erst die Stimmen derjenigen Wähler den Ausschlag geben, die an einem anderen Ort von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht haben – entweder in einer Botschaft im Ausland oder in einem anderen inländischen Wahlkreis. Bis Freitag sollte das Endergebnis vorliegen.

Die Linke müsse sich neu erfinden, schreibt János Dési in Népszava. Der linksorientierte Kolumnist stellt fest, dass das neue, von der Fidesz-Regierung verabschiedete Wahlgesetz geholfen habe, die Regierenden an der Macht zu halten. Ungeachtet des von Dési als unfair bezeichneten Wahlrechts hätten die Anhänger der Linken Ministerpräsident Orbán abwählen können, wäre ihre Anzahl nur groß genug gewesen. Die Tatsache, dass die Linken keinen Kontakt zu den Wählern hätten knüpfen können, sendet laut Dési die klare Botschaft aus: Sie werden sich ein neues Image verpassen müssen. Der Autor erinnert daran, dass Orbán die acht Jahre zwischen 2002 und 2010 in der Opposition genutzt habe, um für seine Partei ein starkes Umfeld zu kreieren, das ihm vor vier Jahren an die Macht verholfen habe.

In ihrem Leitartikel auf der Titelseite räumt Népszabadság ein, dass das Wahlergebnis den Linksparteien einen gewaltigen Schlag versetzt habe. Die vergangenen vier Jahre hätten der Linken demnach nicht genügt, um den Ungarn eine klare und attraktive Alternative zum Fidesz anbieten zu können. Weiter heißt es in der linken Tageszeitung: Nach der Wahl werde die Linke ein neues Projekt zur Wiederherstellung ihres Ansehens in Angriff nehmen müssen.

Der erdrutschartige Wahlsieg des Fidesz statte die nächste Orbán-Regierung mit einer sehr starken Legitimität aus, hält Ferenc Sinkovics in Magyar Hírlap fest. Der konservative Kommentator verweist darauf, dass angesichts der überwältigenden Unterstützung seitens der Wähler für den Fidesz die Linke die Legitimität der Wahl nicht mehr länger anzweifeln könne. Für Sinkovics sind die Wahlergebnisse ein Beweis dafür, dass die Ungarn von den Linken die Nase voll gehabt und nicht deren Rückkehr an die Regierungsmacht hätten erleben wollten.

Für Szabolcs Szerető von Magyar Nemzet ist das Votum der Ausdruck des Wählerwillens, Ministerpräsident Orbán weitere vier Jahre für die Vollendung seines Projekts einzuräumen. Nach einer Amtszeit, die gekennzeichnet war vom vollständigen und hastigen Umkrempeln des Rechts- und Wirtschaftssystems, werde Regierungschef Orbán nunmehr die Zeit für einen Feinschliff an seinem neuen System erhalten, glaubt der konservative Kolumnist. Mit Blick auf die Linke hält es Szerető für ausgemacht, dass sie mangels einer glaubwürdigen Alternative zur Fidesz-Regierung verloren habe. Stattdessen habe sie versprochen, sämtliche ihrer Errungenschaften zu revidieren und zu den Jahren vor 2010 zurückzukehren. Der Autor fügt hinzu, dass, sollte Fidesz seine parlamentarische Zweidrittelmehrheit behaupten können, dies dem ehemaligen Ministerpräsidenten Gyurcsány zu verdanken sein werde, dessen Beteiligung an der Linksallianz konservative Wähler aktiviert habe. Der erdrutschartige Wahlsieg des Fidesz legitimiere zudem dessen Politik während der ersten Amtszeit, darunter auch die neue Verfassung. Mit Blick auf die kommenden vier Jahre sagt Szerető voraus, dass der Fidesz weitere Anstrengungen unternehmen müsse, um Ordnung und öffentliche Sicherheit zu verbessern, damit man der seit 2010 immer stärker gewordenen rechtsextremen Partei Jobbik den Wind aus den Segeln nehmen könne.

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