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Jobbik-Politiker der Spionage für Russland verdächtigt

20. May. 2014

Vor dem Hintergrund von Spionagevorwürfen gegen einen Jobbik-Europaabgeordneten bezichtigt ein Philosoph aus dem linken Spektrum die Regierung, den Staatsapparat samt Geheimdienst zur Kriminalisierung der Opposition zu missbrauchen. Ein regierungsfreundlicher Kolumnist weist die Vorwürfe von links zurück.

In der vergangenen Woche hatte Magyar Nemzet berichtet, dass die Staatsanwaltschaft den Jobbik-Europaabgeordneten Béla Kovács der Spionage für Russland verdächtigt und das Europäische Parlament ersucht habe, Kovács’ Immunität aufzuheben. Die regierungsfreundliche Tageszeitung erinnert daran, dass Russland Kovács im März zur Beobachtung des Krim-Referendums eingeladen hatte. Der Politiker mit sowjetischem Universitätsdiplom bezeichnete die Wahl als legal und fair. Dem Vernehmen nach verfügen die Behörden über Beweise, wonach sich Kovács geheim mit russischen Offiziellen getroffen haben soll. Sowohl der Beschuldigte als auch die Jobbik-Führung weisen die Vorwürfe zurück. Der Parlamentsausschuss für nationale Sicherheit führte am Montag eine nicht öffentliche Anhörung mit Kovács und Jobbik-Chef Gábor Vona durch.

Die Kriminalisierung der Opposition ist der Vorbote einer Dikatur“, kommentiert Gáspár Miklós Tamás in Heti Vilaggazdaság. Der marxistische Philosoph glaubt, dass die auf biografischen Zufälligkeiten fußenden Anschuldigungen keinen rechtswidrigen Komplott von Kovács beweisen würden. Auch fragt er sich, ob der Jobbik-Europaabgeordnete Moskau überhaupt geheime Informationen preisgeben könnte. Selbst wenn Kovács als ein Lobbyist Moskauer Interessen tätig gewesen wäre, wäre dies per se keine Rechtsverletzung. Mittels Spionagevorwurf gegen ihn würde die Fidesz-Regierung öffentliche Institutionen, darunter den Geheimdienst, zur Schwächung der rechtsextremen Jobbik-Partei benutzen, glaubt Tamás. Durch eine Kriminalisierung der antisemitischen und Anti-Roma-Partei, ohne jedoch dabei deren Kernideen offen zu attackieren, wolle der Fidesz vor den Europawahlen am 25. Mai die Unterstützer der extrem rechten Jobbik-Partei ködern, spekuliert der Philosoph. In einer Nebenbemerkung fragt Tamás, ob der Fidesz wohl morgen den Geheimdienst dazu benutzen werde, liberale, sozialistische oder grüne Politiker zu beschuldigen.

Zsolt Bayer von Magyar Hírlap findet es merkwürdig, dass linke Intellektuelle die Möglichkeit nutzten, der Fidesz-Regierung eine Kriminalisierung von Oppositionspolitikern vorzuhalten. Die Linke habe über Jahre behauptet, Fidesz würde zu sanft mit Jobbik umgehen. Und nun würden die selben Kritiker beklagen, dass der Fidesz den Staatsapparat nutze, um die rechtsextreme Partei unter Kontrolle zu halten. Für Bayer ist es überhaupt nicht überraschend, dass die Details des Falls als geheim eingestuft wurden – ungeachtet der Tatsache, dass Jobbik den Informationsmangel für die Behauptung ausschlachte, seine Gegner hätten sich die ganze Angelegenheit aus den Fingern gesogen. Im Hinblick auf die Parlamentswahlen vom April merkt Bayer an, dass die meisten Jobbik-Wähler einst Unterstützer der MSZP gewesen seien. Vor diesem Hintergrund, so Bayer, fiele der Linken mittlerweile die Unterstellung sehr schwer, dass zwischen Fidesz und Jobbik eine stillschweigende Zusammenarbeit existiere.

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