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Kein Glückwunsch von Obama

1. May. 2014

Ein führender rechtsorientierter Beobachter bezeichnet es als unfreundlichen Akt, dass Präsident Obama Regierungschef Orbán nicht zu seinem Wahlsieg gratuliert habe. Vorwürfe hinsichtlich anti-demokratischer Tendenzen gegen die ungarische Regierung seien fehl am Platze und die amerikanische Bilanz biete in dieser Hinsicht keinen Grund für arrogante Gesten.

„Obama hat sich Orbán gegenüber unhöflich verhalten“, titelt der Politologe und regierungsfreundliche Aktivist Tamás Fricz in Magyar Nemzet. Vizepräsident Biden habe vergangene Woche die Ukraine-Krise telefonisch mit dem ungarischen Ministerpräsidenten erörtert und soll ihm dem Vernehmen nach zur Bestätigung im Amt gratuliert haben, „obgleich einige vermuten, er habe eine Erwähnung der Wahl unterlassen“ (die kurze offizielle Stellungnahme des Weißen Hauses erwähnt dieses Detail nicht – Anm. d. Red.).
Zahlreiche internationale Spitzenpolitiker, angefangen bei Bundeskanzlerin Merkel bis hin zum israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu, hätten Glückwunschadressen von Obama erhalten, so wie auch Orbán vor vier Jahren, als er seine erste parlamentarische Zweidrittelmehrheit gewann, stellt Fricz in seinem Kommentar weiter fest. Der Grund, weshalb der Präsident dieses Mal davon Abstand genommen habe, sei bei der regierenden liberalen Elite zu suchen, die den ungarischen Ministerpräsidenten als Gefahr für die Demokratie bezeichne, ist der Kommentator überzeugt. „Sie werfen ihm eine Demontage der Demokratie, die Errichtung einer autokratischen Herrschaft, den Abbau der Pressefreiheit, eine geheime Zusammenarbeit mit der neonazistischen Partei Jobbik sowie die Tolerierung und zuweilen auch das Schüren des Antisemitismus vor. Schließlich wende sich Orbán angeblich dem Osten zu und werde zu einer Trumpfkarte in den Händen Putins.“
Fricz rät Washington im Folgenden, es möge sich einmal die Art von Demokratie anschauen, die man im Irak eingeführt habe, wo „mittlerweile Chaos und Terror regieren“. Er erwähnt auch den NSA-Skandal als Beleg dafür, dass es der US-Administration am nötigen Respekt für die Privatsphäre sowohl im In- als auch im Ausland mangele. Auch vergisst Fricz nicht das Gefangenenlager in Guantanamo Bay zu erwähnen, dessen Schließung Obama vor sechs Jahren versprochen hatte. Schließlich und endlich zitiert der Verfasser eine kürzlich von den amerikanischen Professoren Martin Gilens aus Princeton sowie Benjamin I. Page (Northwestern University) vorgelegte Studie, der zufolge es sich beim amerikanischen System um eine Oligarchie handele. „Multivariate Analysen deuten darauf hin, dass die wirtschaftlichen Eliten und organisierten Gruppierungen, die Wirtschaftsinteressen vertreten, einen erheblichen eigenständigen Einfluss auf die Politik der US-Regierung ausüben, während der durchschnittliche Bürger sowie Interessengruppen mit Massenbasis nur über einen geringen oder keinen eigenständigen Einfluss verfügen.
Die Ergebnisse untermauern deutlich Theorien einer Vorherrschaft der wirtschaftlichen Eliten sowie des beeinflussten Pluralismus, nicht aber die der gewählten Mehrheitsdemokratie beziehungsweise des Mehrheitspluralismus. „Obama hat also Orbán nicht zu seiner Wiederwahl gratuliert, da Letzterer eine Gefahr für die Demokratie darstelle. Ach so ist das“, beendet Fricz seinen Kommentar mit einem sarkastischen Ton.

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