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Politische Projekte gegen Armut (oder deren Fehlen)

21. Jun. 2014

Ein linker Blogger beschuldigt die Regierung, die Sozialpolitik der extremen Rechten zu übernehmen. Gleichzeitig beklagt er die Unfähigkeit des eigenen politischen Spektrums, das Thema Armut anzugehen. Eine regierungsfreundliche Kolumnistin wiederum wirft der Opposition Heuchelei vor.

Die Regierung mache sich quasi die Sozialphilosophie der äußeren Rechten zu eigen, indem sie die ungarische Gesellschaft in nützliche Produzenten (die das ganze Land auf ihren Schultern tragen) und Bedürftige (die selbst- oder unverschuldet in die Armut gelangt sind) einteile, meint Ferenc Szekeres auf Kettős Mérce. Er beruft sich dabei auf die Ankündigung, dass Sozialhilfe- und Familientransferleistungen künftig von zwei verschiedenen Staatssekretären innerhalb des Ministeriums für Humanressourcen überwacht würden. Zudem wirft er dem zuständigen Minister Zoltán Balog und dem Fidesz generell eine auf Ausgrenzung beruhende und gefühllose Sozialpolitik vor. Der Blogger aus den Reihen der Neuen Linken rügt aber auch die Parteien der etablierten Linken, weil diese sich eine neoliberale Sozialpolitik zu eigen machten, der zufolge Vermögensumverteilungen eingeschränkt und Sozialhilfeausgaben gekürzt würden. So seien sie ebenso unwillig und unfähig, die Lage der Armen zu verbessern. Nach Ansicht des Autors benötigt das Land einen „nationalen Marshall-Plan“, um benachteiligte Regionen wiederzubeleben und Armut zu bekämpfen – selbst wenn dadurch die Staatsschulden steigen sollten.

In der Druckausgabe von Magyar Nemzet putzt Anna Szabó die Linksopposition für ihre Scheinheiligkeit bei diesem Thema herunter. Sie zitiert Studien der Soziologin Zsuzsa Ferge, denen zufolge das verheerende Maß an Unterentwicklung und Armut das Resultat eines Langzeitphänomens sei – teilweise verursacht auch durch den Sozialabbau während der linken Regierungszeit. Wegen ihrer neoliberalen Orientierung, des Mangels an politischem Willen und der blinden Akzeptanz von vom Internationalen Währungsfonds angeregten Maßnahmen hätten es diese Regierungen versäumt, eine breitangelegte Anti-Armut-Strategie auf den Weg zu bringen. Die Autorin weist darauf hin – und für sie ist es auch augenscheinlich –, dass das derzeit von den Linken offenbarte Interesse an der Lage der Armen komplett verlogen sei.

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