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Anti-israelischer Auftritt eines rechtsradikalen Bürgermeisters

6. Aug. 2014

Kolumnisten beider politischer Lager empfinden es als eine Enttäuschung, dass im heutigen Ungarn der Bürgermeister einer kleinen Kommune mit einer irr- und widersinnigen, gleichzeitig aber möglicherweise auch schädlichen antisemitischen Aktion für öffentliches Aufsehen sorgen kann.

Am Sonntag hatte Mihály Orosz, der von Jobbik unterstützte Bürgermeister der kleinen Ortschaft Érpatak, im Rahmen einer Demonstration gegen die Intervention Israels im Gazastreifen Puppen an zwei Galgen aufgehängt, die Benjamin Netanjahu und Simon Peres darstellen sollten. Orosz, der sowohl für seine militant fremdenfeindlichen Ausfälle als auch für seine strikte Law-and-Order-Politik bekannt ist, nannte Israel einen „terroristischen Staat“, der die „Ankunft des Antichristen“ vorbereite. Er bezichtigte freimaurerische Juden, sie versuchten die Welt zu regieren. In einer offiziellen, von der Nachrichtenagentur MTI verbreiteten Stellungnahme verurteilte das ungarische Außenministerium den Bürgermeister von Érpatak mit scharfen Worten und bezeichnete den Vorfall als nicht hinnehmbar.

Auf Mandiner schreibt Gellért Rajcsányi, der Auftritt von Orosz sei die aberwitzige Zurschaustellung eines komplett Geistesgestörten, die man als glaubwürdige Kritik an der israelischen Kriegsführung in Gaza kaum ernst nehmen könne. Dessen ungeachtet könnten derartige Darbietungen schwerwiegende Folgen nach sich ziehen, da Orosz Hass unter der örtlichen Bevölkerung schüren wolle. Der konservative Beobachter empfiehlt den Behörden, sie sollten dem verwirrten Bürgermeister mehr Aufmerksamkeit schenken – einem Bürgermeister, der sich bislang seine verzerrte alternative Realität in Érpatak habe aufbauen können.

András Zsuppán von Heti Válasz empfindet es als ganz besonders geschmacklos, dass Orosz junge Ungarn an seiner scheußlichen Vorführung beteiligt habe. Der konservative Kolumnist glaubt, dass die Provokation antisemitische Gefühle schüren solle. „Nunmehr lautet die einzige Frage, ob der eindeutig verrückte Bürgermeister bei den Kommunalwahlen vom Oktober wiedergewählt werden wird.“ Und so stellt Zsuppán lapidar fest, nur die Bürger vor Ort könnten Orosz aus dem öffentlichen Bereich verbannen.

Der Bürgermeister von Érpatak sei nicht der einzige, den man aus seinem Amt jagen sollte, wettert Szabolcs Szunyogh in Népszava. Der Autor glaubt, dass auch der Generaldirektor der ungarischen Nachrichtenagentur MTI zu feuern sei. Der linksorientierte Journalist beschuldigt MTI, sie habe zur Verbreitung der antisemitischen Straßenshow von Orosz beigetragen. „Sollen wir annehmen, dass jeglicher verrückte Unsinn, der von einem kleinen, hinter dem Mond liegenden Gemeinderat verzapft wird, nunmehr unter die Leute gebracht werden kann?“. Auch fragt sich Szunyogh in einem Nebensatz, ob wohl die Regierung in irgendeiner Art und Weise auf die Vorstellung von Orosz reagieren werde.

Am Dienstagnachmittag teilte der ungarische Generalstaatsanwalt mit, dass zur Zeit untersucht werde, ob gegen Orosz ein Strafverfahren wegen „Anstiftung zum Hass“ einzuleiten sei.

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