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Drogenkontaktstelle im VIII. Bezirk geschlossen

25. Sep. 2014

Der rechtsorientierte Bürgermeister des VIII. Budapester Stadtbezirks hat seine Unterstützung für die in seinem Amtsbereich liegende Kontaktstelle für Drogenabhängige zurückgezogen. Vor diesem Hintergrund befürchtet ein liberaler Beobachter, dass sich Hepatitis und AIDS in Budapest ausbreiten könnten. Ein Vertreter des rechten Lagers dagegen wirft den Liberalen vor, sie würden Panik verbreiten.

Kék Pont (Blauer Punkt) heißt eine Stiftung, die bislang drei Konsultationspunkte für Drogenabhängige in der ungarischen Hauptstadt betrieben hatte. Am 26. August nun musste die im VIII. Bezirk ansässige Einrichtung ihre Pforten schließen. Die Bezirksverordnetenversammlung hatte nämlich zuvor ihre Genehmigung zurückgezogen, eigene Räumlichkeiten für eine symbolische (und damit sehr niedrige) Miete zur Verfügung zu stellen. Haupttätigkeitsfeld der Kontaktstelle war ein Programm zum Umtausch verbrauchter gegen neue und damit für Drogenabhängige ungefährliche Nadeln. Die Bezirksverordnetenversammlung machte jedoch geltend, dass die Betreiber ihrer Verpflichtung, „den Abfall der Drogenabhängigen“ einzusammeln, nicht nachgekommen seien. Die Stiftung, die bereits den Rückgang von Spendengeldern zu verkraften hatte und zu Personalkürzungen gezwungen war, teilte daraufhin mit, man könne sich am Markt orientierende Mieten nicht leisten und schloss die Einrichtung. Allerdings hatte zuvor die Gesellschaft für Freiheitsrechte (TASZ), die eng mit Kék Pont kooperiert, den Beauftragten für Grundrechte (Ombudsmann) um eine Untersuchung der Angelegenheit ersucht. Mitte September äußerte dieser, die Entscheidung des VIII. Bezirks verstoße „gegen das verfassungsmäßige Grundrecht auf ein gesundes Leben“ und laufe darüber hinaus der nationalen Drogenstrategie der Regierung zuwider. In der Folge veröffentlichte Magyar Nemzet einen Schriftverkehr zwischen TASZ und dem Amt des Ombudsmanns. Darin wurde der Ombudsmann (vergeblich) ersucht, seine Entscheidung noch vor dem Termin der Schließung des Konsultationspunktes, also vor dem 26. August, bekanntzugeben. In dem Artikel wurde Máté Kocsis (Fidesz), der Bürgermeister des VIII. Stadtbezirks, zitiert. Dabei äußerte er den Verdacht, dass der Bericht mit Blick auf die am 12. Oktober stattfindenden Kommunalwahlen erst Mitte September veröffentlicht worden sei, um seine Chancen auf eine Wiederwahl zu schmälern. Zudem beschwerte sich der Bürgermeister über „die offenkundige Präsenz der Drogenlobby im Amt des Ombudsmanns“.

In Népszabadság erinnert Sándor Révész daran, dass die jüngsten Programme zum Austausch von Fixer-Nadeln der im vergangenen Jahr vom Parlament verabschiedeten Anti-Drogen-Strategie für sinnvoll erachte, da sie die gemeinsame Nutzung von Nadeln und damit auch die Verbreitung von Infektionen eindämmten. In einigen abgeschotteten Budapester Kommunen seien sechs bis sieben von zehn Personen mit Hepatitis C infiziert. Darüber hinaus habe sich in den vergangenen fünf Jahren die Zahl der HIV-infizierten Ungarn verdoppelt (insgesamt sind 2.500 HIV-infizierte Personen registriert, wobei die Zahl der Nicht-Registrierten bei 7.000 liegen könnte – Anm. d. Red.). Révész verweist auf die Beispiele Rumänien und Griechenland. Dort hätten Streichungen bei Programmen zur Schadensbegrenzung zu einer massiven Ausbreitung von Infektionen geführt.

Gyula T. Máté vertritt in Magyar Hírlap die Auffassung, dass die Kontaktstelle für Drogenabhängige im VIII. Bezirk bei der örtlichen Bevölkerung ziemlich unbeliebt gewesen sei. Viele der Bewohner seien arm und würden nicht immer für eine exquisite Wohnumgebung sorgen, dennoch „handelt es sich auch bei ihnen um Menschen, die ihre Kinder von Drogen fernhalten wollen, statt sie zum Drogenkonsum zu animieren“. Auf die Äußerung des Stadtbezirksbürgermeisterkandidaten der kleinen Liberalen Partei eingehend, wonach eine Epidemie ausbrechen könnte, falls das Nadelaustauschprogramm im VIII. Bezirk gestoppt würde, argwöhnt Máté, eine derartige Panikmache spiegele lediglich eine Ignoranz gegenüber dem wahren Leben wider, die „bei den Liberalen so sehr verbreitet“ sei. Aus diesem Grunde habe die Opposition keinerlei Chancen auf einen Sieg bei den Kommunalwahlen vom Oktober, glaubt der Autor und fährt fort: Deren Vorschläge beschränkten sich auf Vorwürfe und ließen praktische Ideen darüber, wie die Stadt geführt werden sollte, vermissen.

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