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Wem gehört das Erbe von 56?

24. Oct. 2014

Am 58. Jahrestag des ungarischen Volksaufstandes reklamieren die meisten Kommentatoren das ausschließliche Recht an dessen Erbe für das eigene politische Lager. Der jeweilige Gegner hingegen sei nicht würdig, der antisowjetischen Erhebung zu gedenken.

In der Tageszeitung Népszabadság vergleicht Sándor Révész das von der breiten Öffentlichkeit gegenüber der aktuellen Regierung offenbarte Wohlwollen mit der relativen Popularität des kommunistischen Regimes der Nach-1960er-Jahre. Die Mehrheit der Bevölkerung habe die paar tausend Freiheitskämpfer während der revolutionären Tage des Jahres 1956 begeistert unterstützt. Kurz nach Niederschlagung der Revolution durch sowjetische Invasionstruppen seien die Menschen rasch in die Fügsamkeit drangsaliert worden. Später jedoch hätten sich die Menschen bereitwillig an den Status Quo angepasst. Auf die Polen, die in den 1980er Jahren die kommunistische Herrschaft offen herausgefordert hatten, schauten sie irritiert.
Nach Ansicht von Révész ist diese Tradition auch heute noch lebendig, womit der Autor auch die aktuelle Popularität der Regierung begründet, und zwar ungeachtet dessen, was er als massive Beschneidung der Freiheit kennzeichnet. Allerdings könne der Jahrestag der Revolution rechtmäßig nur „von denjenigen begangen werden, die den Anspruch auf Freiheit lebendig gehalten haben – wenn er doch nur eines Tages zum nationalen Feiertag werden würde!“, formuliert der Autor abschließend bitter.

Es sei die Linke, die kein Recht habe, sich das Erbe von 1956 ans Revers zu heften, schreibt György Pilhál in Magyar Nemzet. Der Autor erinnert daran, dass die Polizei unter der linken Regierung von Ferenc Gyurcsány anlässlich des 50. Jahrestages in Budapest massiv gegen das Jubiläum begehende Bürger vorgegangen sei. Mittlerweile versuche Gyurcsány, sich als Nachfolger von Imre Nagy in Szene zu setzen. (Nagy war zu Zeiten des Volksaufstandes ungarischer Ministerpräsident und hatte die Invasion sowjetischer Truppen verurteilt. Er wurde 1958 hingerichtet – Anm. d. Red.)
Pilhál kritisiert auch den Westen scharf, weil dieser die Ungarn 1956 ermutigt, sie dann aber im Stich gelassen und erlaubt habe, dass sie „von Kettenfahrzeugen niedergewalzt werden“. Auch heute noch „hält der Kampf an“. „Unser Schicksal ist noch nicht besiegelt.“ „Jene“ seien verschwunden, „jemand anderes nimmt ihren Platz ein“. „Wir werden noch nicht in Frieden gelassen.“ „Panzer werden durch Banken ersetzt“, zitiert Pilhál den mittlerweile verstorbenen rechtsradikalen Schriftsteller und Politiker István Csurka. „Ein Riese steht hinter ihnen.“ „Auch das ist eine Art von Kampf, genau wie der zuvor.“

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